Fleischproduzenten, Restaurants und andere Betriebe sollen von den Behörden in Zukunft seltener routinemäßig kontrolliert werden. Entsprechende Pläne verabschiedete das Bundeskabinett. Bundesernährungsministerin Klöckner verkauft ihr Vorhaben als Stärkung der Lebensmittelsicherheit.
Das Bundeskabinett hat heute neue Regeln für Lebensmittelkontrollen verabschiedet. Die Neufassung der sogenannten „Allgemeine Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung“ (AVV RÜb) sieht für die Behörden weniger Pflicht-Kontrollen bei Lebensmittelbetrieben vor. In Fleischbetrieben zum Beispiel, die der höchsten Risikoklasse zugeordnet sind, sollen in Zukunft statt tägliche nur noch wöchentliche Kontrollen stattfinden. Andere Lebensmittelbetriebe, die bisher monatlich kontrolliert werden müssen, sollen künftig nur vierteljährlich verpflichtend kontrolliert werden.
Mehr Kontrollen bei Problembetrieben?
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner verkauft ihre Pläne als „mehr Lebensmittelsicherheit durch gezieltere Kontrollen“ – weil mehr Kapazitäten für Problembetriebe frei würden. Was die Ministerin verschweigt: Probleme in Betrieben werden oft erst durch Pflicht-Kontrollen bemerkt. Zudem orientiert sich die Zahl der Lebensmittelkontrolleure an der Zahl der Kontrollen. Werden diese Vorgaben verringert, kann das langfristig den Personalmangel in den Behörden noch verstärken.
Schon jetzt fällt jede dritte Kontrolle aus
Bereits jetzt fällt wegen fehlender Stellen etwa jede dritte vorgeschriebene Kontrolle in Lebensmittelunternehmen aus. Nur gut zehn Prozent der rund 400 Kontrollämter waren 2018 laut einer foodwatch-Datenrecherche in der Lage, ihr vorgegebenes Soll bei der Überprüfung von Betrieben zu erfüllen. Bundesweit konnten die Behörden insgesamt mehr als eine Viertelmillion der verbindlich vorgeschriebenen amtlichen Kontrollbesuche nicht durchführen.
Aus den Vorfällen bei Wilke und Tönnies hat die Ministerin offenbar nichts gelernt. Mit ihren absurden Plänen ebnet sie den Weg für den nächsten Lebensmittelskandal!Leiter Recherche und Kampagnen
Die Klöckner-Pläne müssen nun vom Bundesrat gebilligt werden. foodwatch forderte die Länderkammer auf, die Regeln abzulehnen.
Mehr Personal, mehr Transparenz
Statt die Zahl der Pflicht-Kontrollen zu verringern, muss Frau Klöckner eine grundlegende Reform der Lebensmittelüberwachung anstoßen. Was wir haben, sind 400 politisch abhängige Behörden mit oft eklatantem Personalmangel, die die allermeisten Kontrollergebnisse geheim halten. Was wir brauchen, ist eine unabhängige Landesanstalt für die Lebensmittelüberwachung pro Bundesland, die ausreichend Personal beschäftigt und alle Ergebnisse veröffentlichen muss.