Trotz Mineralöl-Funden: Nestlé verkauft belastete Säuglingsmilch weiter und täuscht Eltern
foodwatch kritisiert Einladung zu Expertentreffen als verantwortungslose Verzögerungstaktik
Obwohl drei unabhängige Labore in Nestlé-Säuglingsmilch krebsverdächtige Mineralölrückstände nachgewiesen haben, verkauft das Unternehmen die Produkte weiter. Gegenüber Eltern behauptet Nestlé, das Milchpulver sei „absolut sicher“, Babys könnten weiter damit gefüttert werden. Eigene Untersuchungen oder Belege für diese Aussage legt der Hersteller jedoch nicht vor. Die Verbraucherorganisation foodwatch, die die Tests vergangene Woche öffentlich gemacht hatte, kritisierte das Verhalten von Nestlé als verantwortungslos. Der größte Lebensmittelhersteller sei in der Pflicht, die Unbedenklichkeit seiner Säuglingsmilch anhand geeigneter Analysen nachzuweisen und alle mit Mineralöl verunreinigten Produkte sofort zurückzurufen. Das lehnt Nestlé jedoch bisher ab. Stattdessen hat das Unternehmen foodwatch zu einem persönlichen „Expertentreffen“ am Frankfurter Flughafen eingeladen. Die Verbraucherorganisation kritisierte die Einladung in einem Schreiben an Nestlé-Deutschland-Chef Marc Boersch als reine Verzögerungstaktik, um von der eigenen Verantwortung abzulenken.
„Der größte Lebensmittelhersteller der Welt hat offensichtlich erhebliche Probleme bei der Qualitätssicherung seiner Babynahrung. Aber anstatt die mit Mineralöl verunreinigten Baby-Produkte sofort zurückzurufen und Eltern zu warnen, spielt Nestlé auf Zeit. Da machen wir nicht mit“, erklärte Matthias Wolfschmidt, internationaler Kampagnendirektor von foodwatch. „Das Problem mit Mineralölverunreinigungen ist seit Jahren bekannt, unsere unabhängigen Laborergebnisse liegen auf dem Tisch – Nestlés Verhalten ist ebenso unverantwortlich wie blamabel. Statt foodwatch zu vertraulichen Gesprächen am Frankfurter Flughafen zu laden, muss Nestlé endlich handeln!“
foodwatch hatte die Ergebnisse von drei zertifizierten Laboren veröffentlicht, die unabhängig voneinander und mit unterschiedlichen Analysemethoden Babymilch auf Mineralöle untersucht hatten. Von vier in Deutschland eingekauften Produkten waren drei mit krebsverdächtigen aromatischen Mineralölbestandteilen (MOAH) verunreinigt: Zwei Produkte von Nestlé und ein Milchpulver der Firma Novalac. Nur in einem Produkt – der Nestlé-Säuglingsmilch „Beba Optipro 3, 800g, ab dem 10. Monat“ – waren keine MOAH-Rückstände nachweisbar.
Mineralöle sind die größte Verunreinigung im menschlichen Körper. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) beschreibt besonders die „aromatischen Mineralöle“ (MOAH) als potenziell krebserregend und erbgutschädigend – weshalb solche Rückstände selbst in kleinsten Mengen nicht in Lebensmitteln enthalten sein sollten. Neben Maschinen bei Ernte und Verarbeitung kann auch die Verpackung der Grund für die Mineralöl-Verunreinigung sein. So enthalten zum Beispiel Verpackungen aus Altpapier oft Mineralöle aus Druckfarben, die auf Lebensmittel übergehen können.
In folgenden Produkten fanden Labortests krebsverdächtige „aromatische Mineralöle“ (MOAH):
- Novalac Säuglingsmilchnahrung PRE 400g; Chargennummer: A5952275; Mindesthaltbarkeitsdatum: 11.03.2020; Belastung mit MOAH: 0,5 mg/kg
- Nestlé BEBA OPTIPRO PRE 800 g von Geburt an; Chargennummer: 91120346AA; Mindesthaltbarkeitsdatum: 10/2020; Belastung mit MOAH: 3,0 mg/kg
- Nestlé BEBA OPTIPRO 1 800 g von Geburt an; Chargennummer: 9098080621; Mindesthaltbarkeitsdatum: 10/2020; Belastung mit MOAH: 1,9 mg/kg;
E-Mail-Protestaktion von foodwatch: www.foodwatch.org/de/mitmachen/mineraloel-raus-aus-der-babymilch/