Die beiden neuen Geschäftsführer Jörg Rohwedder (54) und Dr. Chris Methmann (41) sind seit gut einem halben Jahr an Bord. Im Interview erläutern sie, welche Pläne sie für foodwatch haben und wie sie die Rolle der Grünen in der Regierungskoalition einordnen.
Was ist die größte Stärke der Organisation?
Jörg: Glaubwürdigkeit!
Chris: Das hätte ich exakt genauso gesagt! Dass wir auf Basis sauber recherchierter Fakten argumentieren.
Welche Kampagnen haben euch vor eurem Start bei foodwatch beeindruckt?
Chris: Die Kampagne gegen die Kastenstandhaltung bei Schweinen hat mich beeindruckt. Hier wurde die Hartnäckigkeit von foodwatch deutlich und dass man sich nicht mit halbgaren Lösungen abspeisen lässt.
Jörg: Für mich war und ist es die Kampagne zum Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada. Gegen mächtige Gegner zerren wir ans Tageslicht, wie groß der Schaden bei wichtigen Standards für Demokratie, Umwelt und Ernährung sein kann. Und noch können wir gewinnen.
Warum foodwatch?
Chris: Für mich stand foodwatch schon immer auf der Liste spannender Organisationen. Das Thema geht alle an und foodwatch traut sich auch, sich mit den Mächtigen anzulegen.
Jörg: Diese Fähigkeit, wirksame politische Arbeit zu leisten, fand ich auch am spannendsten. Thematisch hat die Organisation ein klares Profil, strategisch habe ich einige Ideen, die ich einbringen und dann mitgestalten möchte.
Was ist die größte Herausforderung für foodwatch?
Jörg: Die Macht der Konzerne. Die Macht der Hersteller (wie Nestlé, Danone, Unilever) und der Händler (wie Edeka, Aldi) wächst weiter. Und sie nutzen das zum Lasten der Landwirte und uns Verbraucher:innen schamlos aus. Außerdem hat der Ukrainekrieg das Thema Ernährungssouveränität nach vorne gebracht.
Chris: Dazu kommt die Klimakrise. Viele Menschen stellen sich gerade die Frage: Welche Welt hinterlassen wir unseren Kindern? Und was hat unsere Ernährung damit zu tun? Wir wollen dafür sorgen, dass Essen wirklich zukunftsfähig wird – und Nachhaltigkeit nicht die nächste Marketing-Lüge der Industrie.
Die Unterstützung unserer Mitglieder ist ein toller Rückhalt!Geschäftsführer von foodwatch International
Drei Grüne Minister an entscheidender Stelle – was bedeutet das für eure Arbeit?
Chris: Die Ampelkoalition hat sich einige wichtige Projekte vorgenommen. In den Bereichen Ernährung und Landwirtschaft ist aber vieles noch zu vage und zu wenig. Gerade jetzt braucht es kritische Stimmen wie foodwatch, die auf echte Veränderungen drängen.
Jörg: Die Regierung besteht nicht nur aus den Grünen und wir werden parteiunabhängig verfolgen, was die treiben. Die Regierung hat gesagt was sie will und wir werden sehr genau hingucken, wie das umgesetzt werden soll und wo wir noch was rausholen können. Bei Ernährung- und Landwirtschaftsthemen hätte ich mir mutigere Veränderungen gewünscht, z.B. ein ambitioniertes Ziel gegen Kindermarketing und eine Strategie, wie die Zahl der Nutztiere runter gehen kann.
Halbjahresbilanz: Was begeistert euch nach sechs Monaten bei foodwatch am meisten?
Chris: Der hohe Sachverstand dieses relativ kleinen Teams, das doch so viele Themen bearbeitet - das nimmt man von außen nicht immer so wahr. Eine absolute Stärke ist auch, dass so viele Menschen immer wieder bei unseren Unterschriftenaktionen mitmachen – dank unserer Büros in vielen Ländern wirkt das bis nach Brüssel in die europäischen Entscheidungsgremien, wo gibt’s das schon?! Und das will ich weiter ausbauen: Dass Verbraucher:innen bei foodwatch noch mehr mitmachen können. Gemeinsam sind wir stark.
Jörg: Die breite Unterstützung der Fördermitglieder ist ein toller Rückhalt. Sich gerade in einer Krise auf die treue Unterstützung von 45.000 Fördermitgliedern verlassen zu können, erlaubt es uns, unabhängig und deutlich das Wort zu ergreifen. Ausgesprochen bemerkenswert ist das tolle Team von jungen Leuten, die frisch dabei sind kombiniert mit älteren, die schon lange dabei sind und viel Erfahrung mitbringen. Dem Gründer Thilo Bode ist es gelungen, in der DNA der Organisation das zu verankern, was er hinterlassen wollte - das lassen wir weiter leben, fügen aber hier und da etwas hinzu.
Chris Methmann
Der promovierte Politikwissenschaftler war zuvor als Kampagnendirektor bei der Bürgerbewegung
Campact tätig. Chris leitet das foodwatch-Team Deutschland.
Jörg Rohwedder
Jörg kommt aus dem Geschäftsführungsteam von Lobbycontrol und war zuvor seit vielen Jahren in verschiedenen politischen Organisationen aktiv. Jörg ist Geschäftsführer von foodwatch International.