Nachricht 29.08.2019

Potenziell krebserregender Farbstoff in Backzutaten von Dr. Oetker

Zucker-Streusel, Backmischung, Kuchen-Deko: Zahlreiche Backzutaten des Nahrungsmittelkonzerns Dr. Oetker enthalten den potenziell krebsauslösenden Lebensmittelzusatzstoff Titandioxid. foodwatch fordert Dr. Oetker auf, kein Titandioxid mehr in seinen Produkten zu verwenden.

Titandioxid – in der Zutatenliste meist als E171 abgekürzt – dient in Lebensmitteln als weißer Farbstoff. Das stark weiß färbende Pigment ist in der Europäischen Union als Farbstoff in Lebensmitteln zugelassen. Die Auswirkungen des Stoffes auf die Gesundheit sind allerdings umstritten. In Frankreich darf der Stoff Lebensmitteln ab 2020 vorerst nicht mehr zugesetzt werden, da E171 die Darmflora schädigen und in Form allerkleinster Nanopartikel möglicherweise Krebs auslösen kann, wie wissenschaftliche Studien nahelegen. Aufgrund ihrer winzigen Größe können Nanopartikel körperliche Schutzbarrieren leichter durchdringen, etwa die Darmbarriere. 

Labortests entlarven Falschaussagen von Dr. Oetker

Dr. Oetker teilte gegenüber foodwatch jedoch mit, dass der Farbstoff „gesundheitlich unbedenklich“ sei: „Für alle Dr. Oetker Produkte, die den Farbstoff Titandioxid derzeit noch enthalten, können wir Ihnen versichern, dass die Größe des verwendeten Titandioxids oberhalb der Nanogrenze liegt.“ Es seien „keine Nanopartikel enthalten“. 

Von foodwatch in Auftrag gegebene Laboranalysen widerlegen diese Aussagen von Dr. Oetker jedoch: In vier von vier getesteten Produkten wurden erhebliche Anteile von Nanopartikeln nachgewiesen. Das in der „Backmischung Streuselkuchen“ enthaltene Titandioxid bestand demnach zu 22 Prozent aus Partikeln in Nanogröße, in den „Lustigen Zuckeraugen“ zu 33 Prozent, im „Fix & Fertig Zuckerguss Classic“ zu 42 Prozent. Das in der „Dekor Kreation Rosa Mix“ enthaltene Titandioxid bestand sogar zu 100 Prozent aus Nanopartikeln. 

Titandioxid in Bio-Lebensmitteln verboten

Neben Dr. Oetker verwenden auch weitere Backzutatenhersteller wie Ruf und Günthart sowie Süßwarenproduzenten wie Mars und Dunkin Donuts Titandioxid in ihren Produkten. Außer in Backzutaten kommt der Weißmacher vor allem in Kaugummis und Dragee-Umhüllungen zum Einsatz. Auf Nachfrage von foodwatch kündigten die Hersteller Reinhardt Lolly Spezialitäten und McDonalds an, in ihren Süßwaren zukünftig auf Titandioxid zu verzichten. Auch Mars will künftig kein Titandioxid mehr verwenden, etwa in den M&M’s-Schokolinsen und „Wrigleys“-Kaugummis. In Bio-Lebensmitteln ist Titandioxid grundsätzlich verboten.  

Online-Protestaktion an Dr. Oetker gestartet

Dr. Oetker jedoch hält an der Verwendung von E171 fest – obwohl der Stoff einfach zu ersetzen ist und zudem keinerlei Nutzen für die Verbraucherinnen und Verbraucher hat. foodwatch fordert Dr. Oetker auf, umgehend auf den umstrittenen Farbstoff E 171 zu verzichten. Über eine Online-Protestaktion unter www.aktion-titandioxid.foodwatch.de können Bürgerinnen und Bürger die die Forderung unterstützen.

Krebsverdächtige Zusatzstoffe haben in Lebensmitteln absolut nichts zu suchen. Dr. Oetker muss seine Verantwortung gegenüber den Kundinnen und Kunden ernst nehmen und nur sichere Produkte anbieten – ohne Titandioxid.
Patrick Müller foodwatch

E 171 in Frankreich vorerst verboten

Als erstes europäisches Land hat Frankreich ein Verbot des Verkaufs von Lebensmitteln mit E171 erlassen, gültig zunächst vom 01.01.2020 bis 31.12.2020. In dieser Zeit sollen die Risiken des Zusatzstoffs weiter erforscht werden. Anlass für das Moratorium waren neue Studien, die bereits bestehende wissenschaftliche Hinweise auf Risiken von E171 bestärkten. Laut der französischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (ANSES) kann die Sicherheit des Zusatzstoffs aktuell nicht belegt werden. Die französische Regierung trägt mit ihrer Verbotsentscheidung dem im EU-Lebensmittelrecht verankerten europäischen Vorsorgeprinzip Rechnung. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) vertritt hingegen die Auffassung, dass die verfügbaren Daten “keine Hinweise“ auf Gesundheitsbedenken für Verbraucherinnen und Verbraucher geben. Allerdings räumen sowohl die EFSA als auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ein, dass weiterer Forschungsbedarf bestehe.

Aufgrund der Sicherheitsbedenken der ANSES hat ein Bündnis aus europäischen Gesundheits- und Verbraucherverbänden unter Beteiligung von foodwatch die Europäische Kommission aufgefordert, ein europaweites Verbot von E171 zu veranlassen. Der weitere Einsatz widerspreche dem europäischen Vorsorgeprinzip.

Außerhalb des Lebensmittelbereiches findet der Stoff vor allem in Farben und Lacken Verwendung. Auch in Medikamenten, Zahnpasta und Kosmetika wird der Stoff eingesetzt, dann wird er als CI 77891 bezeichnet.