Nach Kritik von foodwatch hat die Bundesregierung angekündigt, sich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft von keinem privaten Unternehmen sponsern zu lassen. Ob andere Länder folgen werden, ist jedoch fraglich.
Im Juli hat Deutschland turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft übernommen, und die Bundesregierung hat auf der offiziellen Website der EU-Ratspräsidentschaft nun angekündigt: „Als politisches Zeichen der Unabhängigkeit wird während der deutschen Ratspräsidentschaft grundsätzlich auf Sponsoringleistungen aller Art verzichtet." Dies solle eine deutsche EU-Ratspräsidentschaft ohne jeglichen Anschein fremder Einflussnahme garantieren.
Im vergangenen Jahr hatte foodwatch gemeinsam mit 73.577 Menschen mit einer Online-Petition gegen das umstrittene Sponsoring der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft durch Coca-Cola protestiert. Kurz darauf leitete foodwatch ein Beschwerdeverfahren bei der EU-Ombudsstelle ein. Dieser Druck und die öffentliche Kritik zeigen offenbar Wirkung.
Wir begrüßen die Entscheidung Deutschlands, "unabhängig" zu agieren. Dies sollte aber für EU-Institutionen eigentlich ein genereller Grundsatz und nicht die positive Ausnahme sein.Internationale Kampagnendirektorin von foodwatch International
Zuvor hatte foodwatch wegen widersprüchlicher Quellen genauer nachgefragt: Will Deutschland nur auf das Sponsoring großer Konzerne verzichten, oder auf jegliches Sponsoring auch regionaler Unternehmen? Noch vor der offiziellen Bekanntgabe der Bundesregierung antwortete der Ständige Vertreter Deutschlands bei der EU, Michael Clauß, dass es bislang keinerlei Sponsoring-Verträge gäbe und ihm auch keine Pläne hierzu bekannt seien.
foodwatch-Beschwerde bei EU-Ombudsstelle
foodwatch hatte sich im Juli 2019 mit einer Beschwerde an die Europäische Ombudsstelle gewandt. Am 29. Juni 2020 gab die EU-Ombudsfrau, Emily O'Reilly, ihre finale Stellungnahme ab und entschied im Sinne der foodwatch-Forderung, die EU-Ratspräsidentschaft müsse neutral und unparteiisch operieren. Ihr Fazit: „Der Rat der EU sollte den Mitgliedstaaten Richtlinien zur Frage des Sponsorings der Präsidentschaft ausstellen, um die Reputationsrisiken für die EU zu mindern.“
foodwatch fordert generelles Sponsoring-Verbot
Das Sponsoring der EU-Ratspräsidentschaft durch Unternehmen ist nicht nur eine zweifelhafte und undurchsichtige Praxis – es steht auch im krassen Widerspruch zu den Versprechen, ein demokratisches und bürgerfreundliches Europa aufzubauen. Nicht ohne Grund hat die EU-Ombudsstelle den Europäischen Rat aufgefordert, die Frage des Sponsorings bei EU-Präsidentschaften unverzüglich anzugehen. Nur durch ein generelles Sponsoring-Verbot kann die EU sicherstellen, dass die EU-Ratspräsidentschaften neutral sind.
Der Verzicht Deutschlands auf jegliches Sponsoring ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber das Ziel ist noch nicht erreicht. foodwatch fordert die Bundesregierung auf, sich in den nächsten sechs Monaten für eine Regelung stark zu machen, die jegliches Sponsoring von EU-Präsidentschaften unterbindet.