Immer öfter werben Lebensmittelfirmen mit Begriffen wie „klimaneutral“ oder „klimapositiv“. Das klingt zwar gut – bringt aber nicht immer auch wirklich mehr Klimaschutz.
Ein Kommentar von foodwatch-Pressesprecher Andreas Winkler
Das Stimmungsbild ist eindeutig: Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland sehen dringenden Handlungsbedarf beim Klimaschutz. Kein Wunder, dass auch Unternehmen bei dem Thema mitziehen wollen und sich gerne ein grünes Mäntelchen umhängen. Viele Klimaversprechen entpuppen sich bei näherem Hinsehen allerdings als Werbemärchen.
Beispiel Arla: Die Großmolkerei bewirbt ihre haltbare Weidemilch mit einem frei erfundenen Klima-Siegel, das 71 Prozent weniger CO₂ verspricht. Doch die Werbeaussage bezieht sich nicht etwa auf die klimaintensive Milchproduktion, sondern lediglich auf die Herstellung der Verpackung, die im Schnitt jedoch gerade einmal 2,5 Prozent der Treibhausgase ausmacht.
Moderner Ablasshandel
Oder der Trend „klimaneutral“. Immer mehr Unternehmen werben mit dem Begriff. Was super klingt, bedeutet nur leider nicht unbedingt, dass auch wirklich die Produkte klimaneutral sind. Vielmehr können auch einfach günstig CO₂-Zertifikate gekauft werden, mit denen die eigenen Emissionen ausgeglichen werden sollen. Ein moderner Ablasshandel, mit dem Unternehmen ruck, zuck auf dem Papier „klimaneutral“ werden – ohne die eigenen Emissionen ernsthaft senken zu müssen. Der Nutzen ist umstritten, und Verbraucher*innen, die beim Einkauf etwas für den Klimaschutz tun wollen, werden in die Irre geführt. Erst kürzlich hat die Wettbewerbszentrale zwölf Unternehmen, darunter den Käsehersteller Hochland und den Discounter Aldi, wegen irreführender „klimaneutral“-Werbung abgemahnt.
Appelle und freiwillige Maßnahmen reichen nicht!
Klar ist also: Die Politik muss Unternehmen endlich verbindliche Vorgaben beim Klimaschutz machen – auch und gerade der Agrar- und Ernährungsindustrie. Unternehmen müssen mit dem Verursacherprinzip in die Pflicht genommen werden: Wer dem Klima schadet, muss dafür beispielsweise durch eine wirksame CO₂-Abgabe zur Kasse gebeten werden. Freiwillige Maßnahmen der Unternehmen und wohlfeile Appelle an die Verbraucher*innen, doch bitte möglichst klimagerecht einzukaufen, greifen zu kurz. Dafür ist der Handlungsdruck beim Klimaschutz tatsächlich viel zu dringend.
Der Text erschien zuerst in KOM Magazin für Kommunikation
Andreas Winkler ist Leiter der Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei foodwatch.