Die portugiesische Ratspräsidentschaft lässt sich von großen Getränke-Unternehmen sponsern. In den Jahren zuvor nahm die EU bereits Unterstützung von Automobil-Firmen und anderen Konzernen an. Diese Praxis erschüttert das Vertrauen der Bürger*innen in die Staatengemeinschaft.
Am 1. Januar 2021 hat Portugal turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft von Deutschland übernommen. Die portugiesische Ratspräsidentschaft lässt sich dabei von großen Unternehmen sponsern. Der Kaffeelieferant Delta Cafes und die Getränkefirma sumol+compal, die unter anderem auch Pepsi, Gatorade und Lipton vertreten, sollen den Durst der Gäste auf den Veranstaltungen der portugiesischen Ratspräsidentschaft löschen. foodwatch fordert den ständigen EU-Botschafter Portugals Nuno Brito auf, diese Entscheidung rückgängig zu machen.
Dass die EU-Ratspräsidentschaft von Unternehmen gesponsert wird, ist kein Einzelfall: 2018 hat sich Österreich zum Beispiel von Audi und der Versicherungsgruppe VIG sponsern lassen, Bulgarien vom Verband der bulgarischen Getränkeindustrie und von BMW. Coca-Cola hatte 2011 die polnische und 2018 die rumänische Präsidentschaft unterstützt. 2011 lieferte der Konzern unter anderem lieferte der Konzern 140.000 Liter Getränke für die Meetings. Zur gleichen Zeit wurde die EU-Lebensmittelinformationsverordnung beschlossen und eine EU-weit verbindliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben verhindert.
Im vergangenen Jahr hatte die EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly die Praxis des Unternehmens-Sponsorings kritisiert. Sie sprach sich für klare Richtlinien aus, um neutrale und unparteiische EU-Organe zu gewährleisten. Die Entscheidung Portugals von Getränkeunternehmen Sachspenden anzunehmen, steht somit in einem krassen Widerspruch zur Erklärung O'Reillys und dem europäischen Versprechen, ein demokratisches und bürgerfreundliches Europa aufzubauen. Nach Kritik von foodwatch hatte die Bundesregierung im vergangenen Jahr zugesagt, sich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft nicht von privaten Unternehmen sponsern zu lassen.
In einer Zeit, in der das Vertrauen der europäischen Bürger in die EU wichtiger ist denn je, sendet die Sponsoring-Entscheidung der portugiesischen Ratspräsidentschaft das falsche Signal.Direktor von foodwatch International
Sponsoring vs. öffentliche Auftragsvergabe
Im wöchentlichen Newsletter der Zeitung Politico, EU Influence, erklärte ein Pressesprecher der portugiesischen Ratspräsidentschaft, dass die Sponsoringverträge Teil der öffentlichen Auftragsvergabe darstellen. Doch wenn es sich um öffentliche Auftragsvergabe handelt, warum findet man dann die Logos der Firmen auf der Webseite der portugiesischen Ratspräsidentschaft? Es kann nicht beides sein - entweder es handelt sich um öffentliche Beschaffung oder Sponsoring.
„Nach portugiesischem Recht gelten auch Sponsoring-Verträge als öffentliche Aufträge und unterliegen somit den Gesetzen für öffentliche Aufträge“, erklärte der Sprecher der portugiesischen Ratspräsidentschaft gegenüber EU Influence und fügte hinzu, dass „bei diesen Verträgen keine Kosten anfallen“.
foodwatch fordert generelles Sponsoring-Verbot
Für foodwatch ist klar: Wenn ein Mitgliedstaat während seiner EU-Präsidentschaft Lebensmittel, Getränke, Transportmittel oder eine andere Art von Waren oder Dienstleistungen braucht, dann muss er diese auf normalem Wege beschaffen und dafür einen fairen Preis bezahlen. Es besteht absolut keine Notwendigkeit für Sponsoring.
foodwatch fordert die portugiesische Regierung auf, sich nicht von Konzernen korrumpieren zu lassen. Nur durch ein generelles Sponsoring-Verbot kann die EU sicherstellen, dass die EU-Ratspräsidentschaften neutral sind.