Anbindehaltung: So reagieren die Hersteller auf unseren Protest
Bereits mehr als 37.000 Menschen fordern von Exquisa, Weihenstephan und Co.: Verzichtet auf Milch aus tierquälerischer Kettenhaltung! Jetzt gibt es erste Reaktionen der Unternehmen.
Noch immer hält jeder dritte Milchvieh-Betrieb in Deutschland seine Kühe in Anbindehaltung. Die Tiere sind dabei im Stall angekettet und können sich kaum bewegen – oft das ganze Jahr über. Sogar in kleinen Bio-Betrieben ist die tierquälerische Praxis weiterhin durch eine Ausnahmeregelung erlaubt.
Die Milch aus Kettenhaltung landet auch in Produkten bekannter Hersteller wie Exquisa, Weihenstephan, Andechser und Minus L. Über eine foodwatch-Protestaktion fordern bereits mehr als 37.000 Menschen die Unternehmen auf, keine Milch mehr von Betrieben mit Anbindehaltung zu verarbeiten.
Minus L hat bisher nicht auf die Kritik reagiert – schwach!
Andechser, Exquisa, Naturland und Weihenstephan stellen sich zumindest der Debatte:
Exquisa: „bedauernswerter Einzelfall“
Exquisa erklärt, alle Lieferbetriebe würden regelmäßig zum Beispiel „im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems „QM-Milch“ überprüft. Dieses decke auch „Kriterien für eine artgerechte Tierhaltung“ ab. Auch der betreffende Beispiel-Betrieb sei vor einem Jahr „geprüft worden“ und hätte damals alle „notwendigen Punkte“ erfüllt. Nun würde er noch einmal überprüft. Der Exquisa-Hersteller (Karwendel-Werke Huber GmbH & Co. KG) zieht sich aber darauf zurück, es handele sich um einen „bedauernswerten Einzelfall“.
Andechser: Zusammenarbeit beendet
Bio-Hersteller Andechser verweist darauf, dass die Zusammenarbeit mit dem Hof, von dem foodwatch und Soko Tierschutz verstörende Bilder veröffentlicht hatten, mittlerweile beendet sei. Ohnehin sinke die Anzahl der Bio-Betriebe mit Anbindehaltung kontinuierlich. Aktuell halten nach Angaben von Andechser jedoch noch zwölf Prozent aller Zuliefererbetriebe ihre Tiere angebunden in der sogenannten Öko-Kombinationshaltung. Dabei müssen die Kühe, wie Andechser betont, im Sommer auf die Weide können, und im Winter müssen die Tiere „mindestens 2x wöchentlich einen zusätzlichen Auslauf im Freien haben“.
Naturland: „ausnahmsweise temporäre Anbindung“
Auch der Bio-Verband Naturland betont, dass in der ökologischen Tierhaltung die ganzjährige Anbindehaltung nicht erlaubt ist. Bei kleinen Betrieben mit weniger als 35 Kühen sei jedoch „ausnahmsweise auch eine temporäre Anbindung im Winter erlaubt“, heißt es in einer Mail an Unterzeichner:innen der foodwatch-Protestaktion. Ein Neubau oder Umbau der Ställe würde für solche Höfe den finanziellen Ruin bedeuten. Bei der Öko-Kombinationshaltung von Naturland seien die Kühe 200 Tage auf der Weide, schreibt der Verband an foodwatch.
Weihenstephan: Betriebe halten gesetzliche Regelungen ein
Das Molkerei-Unternehmen sagt, es beziehe „aktuell noch einen kleinen Anteil unserer Milchmenge aus Anbindehaltung“, oft von Betrieben mit 10-35 Kühen. Man werde „diese Kleinbetriebe nicht zur Aufgabe zwingen“, so Weihenstephan. Denn ohnehin werde die Anbindehaltung „in naher Zukunft zum Auslaufen“ kommen. Darüber hinaus hielten alle Betriebe die gesetzlichen Regelungen ein, würden regelmäßig beraten und sich entsprechenden Audits unterziehen. Man sehe „keine Veranlassung, durch weitergehende Vorschriften in die unternehmerische Freiheit und die gute fachliche Praxis der uns beliefernden Landwirte einzugreifen.“
Andechser, Exquisa, Weihenstephan und Naturland weisen die Verantwortung von sich oder reden das Problem klein.Kampagnen und Recherchen
Das sagt foodwatch
Schön, dass viele der betroffenen Unternehmen direkt auf die Kritik der tausenden Verbraucher:innen reagieren. Allerdings weisen Andechser, Exquisa, Weihenstephan und Naturland die Verantwortung von sich oder reden das Problem klein. Wir finden: Selbst wenn es nur verhältnismäßig wenige Zuliefererbetriebe mit Kettenhaltung sind, stehen die Unternehmen hier in der Pflicht für alle Tiere gute Haltungsbedingungen zu garantieren.
Zudem ist auch die „Öko-Kombihaltung“ tierquälerisch. Denn einen großen Teil des Jahres sind die Kühe angekettet. Im Winter sollen die Tiere zwar zweimal in der Woche Zugang zu Freigelände haben – aber wie das überwacht wird und ob das wirklich passiert, ist aus foodwatch-Sicht fraglich. Zwar müssen Bio-Betriebe mindestens einmal im Jahr durch private Öko-Kontrollstellen kontrolliert werden, doch auch eine jährliche Kontrolle kann kaum sicherstellen, dass Kühe tatsächlich im Herbst und Winter regelmäßig nach draußen können. Behördliche Kontrollen finden zudem selten statt – in Bayern zum Beispiel durchschnittlich nur alle 48 Jahre.
foodwatch fordert: Die Molkerei-Unternehmen müssen ihre Marktmacht nutzen und grundsätzlich keine Milch mehr von Höfen mit Kettenhaltung verarbeiten!