foodwatch-Aktion bei Hipp: Goldener Windbeutel 2012 verliehen
Am Firmensitz von Hipp im bayerischen Pfaffenhofen (Ilm) hat foodwatch heute den Goldenen Windbeutel für die Werbelüge des Jahres verliehen. Die „Georg-Hipp-Straße“ benannten Aktivisten mit einem neuen Straßenschild in den „Platz der Verbrauchertäuschung“ um.
„Ich will keine Werbelüge mehr sein“ – mit diesem Transparent demonstrierte eine menschengroße Hipp-Tee-Dose vor dem Unternehmensgelände. Der Babynahrungshersteller erhält den Preis für seine zuckrigen Instant-Früchtetees, die entgegen allen Ernährungsempfehlungen als geeignet für Kleinkinder ab dem 12. Lebensmonat beworben werden.
Hipp lehnt Verbraucherpreis ab
Beim Versuch, den Goldenen Windbeutel persönlich an die Geschäftsführung zu überreichen, wurden sie vor dem Eingang zur Verwaltung jedoch abgewiesen. „Wir werden den Preis nicht annehmen, weil es bei Hipp schlicht keine Werbelüge gibt“, erklärte eine Hipp-Sprecherin in einem kurzen Statement und forderte die foodwatch-Aktivisten auf, den Goldenen Windbeutel wieder mitzunehmen. „Wir haben den Preis absolut nicht verdient“, so die Sprecherin.
Mehrere Zehntausend Stimmen bei der Wahl zum Goldenen Windbeutel sollten dem Unternehmen zeigen: Die Verbraucher haben es satt, dass Hipp sich als ein Unternehmen geriert, das nur das Gute will, aber so offensichtlich gegen den selbst postulierten Anspruch verstößt.
Unternehmen setzt Täuschung fort
In einer schriftlich verbreiteten Presseerklärung setzte das Unternehmen seine Verbrauchertäuschung fort. Hipp argumentierte, dass sich die Instant-Tees an den Empfehlungen des von der Bundesregierung geförderten aid Infodienstes orientierten. Tatsächlich stuft der aid Infodienst die Hipp-Produkte in die Kategorie Süßigkeiten ein, die an der roten Spitze der aid-Ernährungspyramide stehen und nur äußerst selten und in geringen Mengen verzehrt werden sollten. Weiter erweckt Hipp durch den Vergleich mit Apfelschorle den Eindruck, als bestünde eine Notwendigkeit für gezuckerte Tees – dabei hat auch Hipp ungesüßte Tees in Form von Teebeuteln und damit geeignete Produkte auch für Kleinkinder im Sortiment.
Bei der Verbraucherwahl zum Goldenen Windbeutel 2012 auf der Internetseite www.abgespeist.de waren mehr als 44.000 (34,1%) der rund 130.000 Stimmen auf Hipps Instant-Tees entfallen – ein deutlicher Vorsprung vor dem zweitplatzierten Produkt, der Viva Vital Hackfleisch-Zubereitung vom Netto-Markendiscount (27,5 % der Stimmen) und der Becel pro.activ-Margarine von Unilever (Platz 3 mit 22,2 %).
Zuckertees geeignet schon für Kleinkinder?
Hipp bewirbt seine Instant-Tees Früchte, Waldfrüchte und Apfel-Melisse als geeignet für Kleinkinder ab dem 12. Lebensmonat – trotz des Zuckergehalts von umgerechnet zweieinhalb Stück Würfelzucker pro fertiger 200-Milliliter- Tasse. Experten hingegen empfehlen, kleinen Kindern nur ungesüßte Getränke zu geben. foodwatch meint: Zuckergranulat mit Wasser aufgegossen – Eltern ein solches Produkt für Kleinkinder zu empfehlen ist unverantwortlich und passt in keiner Weise zu dem so oft betonten Anspruch von Hipp, ‚kindgerechte‘ und ‚gesunde‘ Produkte anzubieten.
Protest zeigt erste Wirkung
Bereits im Mai 2012 hatte foodwatch die Hipp-Tees kritisiert und eine E-Mail-Aktion an den Hersteller gestartet. Mehr als 10.000 Verbraucher beschwerten sich direkt bei Unternehmenschef Claus Hipp. Das Unternehmen kündigte daraufhin an, seine Zuckergranulat-Tees nicht länger als „Durstlöscher“ zu bewerben. In einer Antwort an Verbraucher bezeichnete sie Hipp stattdessen als „Genussmittel“, die „gut für die Seele“ der Kinder seien. Nach Bekanntgabe der Nominierung für den Goldenen Windbeutel versprach der Hersteller, die Produkte bis Ende des Jahres durch neue Produkte ohne Zuckerzusatz ersetzen zu wollen.
Inwieweit die Nachfolgeprodukte dem Hipp-Anspruch von „kindgerechten“ und „gesunden“ Produkten genügen werden und ob der Protest wirklich einen Fortschritt für die Verbraucher bringt, lässt sich jedoch noch nicht beurteilen: Das Unternehmen hat die Zusammensetzung der Ersatzprodukte noch nicht bekannt gegeben. Bis zur Markteinführung der Ersatzprodukte will Hipp seine Zucker-Instant-Tees offenbar weiterhin wider besseres Wissen im Kleinkind-Sortiment und mit der Empfehlung ab dem 12. Lebensmonat verkaufen.