Allein auf Weizen und Gerste entfallen 45 Prozent des Pestizid-Einsatzes in Deutschland. Jedes dritte Getreideprodukt enthält denn auch Pestizid-Rückstände, wie ein neuer foodwatch-Report zeigt. Mit eine Petition fordert foodwatch Supermärkte europaweit auf, ihre Marktmacht für eine pestizidfreie Landwirtschaft zu nutzen.
Der Getreide-Anbau trägt wesentlich zum massiven Pestizideinsatz in Deutschland und der EU bei. Allein die zwei Getreide-Sorten Weizen und Gerste nehmen schon 60 Prozent der Fläche ein, auf der in Deutschland Pestizide gespritzt werden.
Jedes dritte Getreideprodukt enthält Pestizide
Für den Bericht „The Dark Side of Grain“ hat foodwatch Daten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) analysiert. Erfasst hat die EFSA Pestizidrückstände in unverarbeitetem Getreide und in verarbeiteten Getreideprodukten wie Brot und Haferflocken. 37 Prozent (837 von insgesamt 2.234 Proben) enthalten demnach ein oder mehrere Pestizide.
Die belasteten Proben weisen 1.215 Rückstände von 65 verschiedenen chemischen Pflanzenschutzmitteln auf. Davon überschreiten zwar nur 18 Rückstände in 14 Proben die Rückstandshöchstmengen. Problematisch ist jedoch der Pestizid-Cocktail: Allein die schiere Zahl der verschiedenen Pestizide in den Produkten stellt ein gesundheitliches Risiko dar. In verarbeiteten Getreideprodukten wie Mehl, Brot oder Haferflocken sind die Rückstände deutlich höher als in unverarbeiteten Getreidesorten.
Bei der Herstellung von Brot, Haferflocken und anderen Getreideprodukten kommen oftmals gefährliche Pestizide wie Glyphosat zum Einsatz – mit gravierenden Folgen für Umwelt, Klima und Artenvielfalt.foodwatch
Getreide ist die entscheidende Stellschraube zur Pestizid-Reduktion
Rewe, Aldi und andere Handelsketten versprechen zwar Nachhaltigkeit und wollen etwas für die Artenvielfalt tun. „Lidl-Lebensräume” etwa soll „Menschen für die bedrohte Artenvielfalt sensibilisieren und einen Beitrag für den Schutz der Wildbiene und anderer Nützlinge leisten”. Rewe kooperiert mit Umweltorganisationen und druckt das „Pro Planet”-Label mit dem Zusatz „Mehr Artenvielfalt” auf Produkte, deren Herstellung „den Erhalt der Artenvielfalt fördert”. Doch alle Maßnahmen für weniger Pestizide beschränken sich auf Obst und Gemüse. Das reicht bei weitem nicht aus, um die Artenvielfalt, das Klima und die Umwelt zu schützen.
Protestaktion an Supermarkt-Ketten
Unter foodwatch.org/de/mitmachen/aktion-pestizide hat foodwatch heute eine internationale Online-Petition gestartet. Sie fordert Einzelhändler wie Aldi und Edeka, Albert Heijn und Carrefour auf, sich bis 2025 zu verpflichten, nur noch pestizidfrei hergestellte Getreideprodukte zu verkaufen. Die Supermärkte sollen jedes Jahr Daten veröffentlichen, die zeigen, welche Produkte ohne Pestizide hergestellt werden und welche nicht. Ein positives Beispiel ist der Schweizer Einzelhändler Migros, der sich bereits für eine pestizidfreie Getreideproduktion einsetzt.
Die Supermärkte sollten ihre Marktmacht nutzen und nur noch pestizidfreie Getreideprodukte verkaufen - das würde den Pestizideinsatz in Deutschland auf einen Schlag halbieren.foodwatch
Auf 50 Prozent aller Ackerflächen wächst Getreide
Europaweit werden insgesamt 52 Millionen Hektar, also etwa 50 Prozent der Ackerflächen, für den Anbau von Getreide wie Weizen und Mais genutzt. Das entspricht fast der Fläche Frankreichs. Für Obst und Gemüse wird hingegen lediglich die Fläche von Slowenien, dem drittkleinsten Land der EU, verwendet. Bisher hat jedoch kein einziges Handelsunternehmen eine Biodiversitätsstrategie, welche auch die Getreideproduktion einschließt.
Mehr Informationen und Datenquellen
Korrekturhinweis: Im ursprünglichen Text hieß es an einer Stelle, jedes dritte Getreideprodukt „im Supermarkt“ enthalte Pestizid-Rückstände. Diese Formulierung ist jedoch nicht ganz treffend, weil es sich um alle Getreide-Produkte handelt, also auch Rohprodukte. Wir haben das korrigiert.