Unterstützt durch foodwatch hat eine Verbraucherin erfolgreich geklagt: Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen von Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben dürfen durch Verbraucher*innen im Internet veröffentlicht werden.
Die Berichte amtlicher Lebensmittelkontrolleure landen in der Regel in den Schubladen der Behörden. Ob ein Betrieb gegen Lebensmittelgesetze verstößt, ob es in der Küche schimmelt oder die Hygiene-Schulungen für das Personal ausfallen – all das bleibt, bis auf wenige Ausnahmen, geheim. Auf der Online-Plattform „Topf Secret“ können Bürger*innen die Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen mit wenigen Klicks beantragen und im Anschluss veröffentlichen.
Mittlerweile wurden über „Topf Secret“ mehr als 50.000 Anträge gestellt. Mehr als 10.000 Kontrollberichte wurden seitdem von den Antragssteller*innen veröffentlicht.
Caterer wehrte sich gegen Veröffentlichung von Kontrollberichten
Am 10. Juli 2019 hatte eine Verbraucherin über „Topf Secret“ die Kontrollergebnisse des Cateringservice „Kulinario“ in Schwebheim bei Schweinfurt beantragt. Drei Monate darauf erhielt sie vom Landratsamt Schweinfurt zwei Kontrollberichte und veröffentliche diese auf der Online-Plattform. Die Berichte listen zahlreiche Hygiene-Mängel und andere Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorgaben auf.
Der Betrieb mahnte die Verbraucherin daraufhin per Anwaltsschreiben ab. Die Betreiber von „Topf Secret“ – foodwatch und die Transparenz-Initiative FragDenStaat – stellten der Verbraucherin eine anwaltliche Vertretung zur Seite und übernahmen alle Kosten. Nachdem der Betrieb nicht von seiner Forderungen zurückwich, erhob die abgemahnte Verbraucherin eine sogenannte Feststellungsklage, um aktiv eine gerichtliche Klärung des Falls herbei zu führen.
Gericht: Negative Kontrollberichte dürfen online bleiben
Das Urteil des Landgerichts Schweinfurt ist eindeutig: Verbraucher*innen dürfen die Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen von Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben im Internet veröffentlichen. Nach Auffassung des Gerichts haben Unternehmen keinen Anspruch darauf, negative Kontrollberichte von der Online-Plattform „Topf Secret“ löschen zu lassen. Das „Informationsinteresse der Öffentlichkeit“ sowie das „Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit“ überwiegen die „unternehmensbezogenen Interessen“ des Gewerbetreibenden, heißt es in dem Urteil.
„Wer einen Ekel-Betrieb führt, muss sich negative Berichterstattung gefallen lassen. Die Entscheidung aus Schweinfurt stärkt die Stellung der Verbraucher*innen, die von ihren Grundrechten auf Informations- und Meinungsfreiheit Gebrauch machen.Kampagnendirektor bei foodwatch
Wegweisendes Urteil
Es ist die erste Entscheidung eines Zivilgerichts zur Frage, ob Unternehmen einen Anspruch auf Löschung negativer Kontrollberichte auf der Plattform „Topf Secret“ haben. Ein weiteres Verfahren ist beim Landgericht Köln anhängig und wird in Kürze verhandelt.
Nach dem Start von „Topf Secret“ im Jahr 2019 hatten zunächst hunderte Betriebe, viele auf Betreiben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e.V. (DEHOGA), verwaltungsrechtlich versucht, die Herausgabe der Kontrollberichte durch die Behörden zu verhindern. Diese Klagewelle bei den Verwaltungsgerichten blieb jedoch ohne Erfolg. Mit dem VGH Mannheim, VGH München, OVG Niedersachen, OVG NRW und OVG Berlin-Brandenburg stellten gleich fünf Oberverwaltungsgerichte klar, dass die Behörden zur Auskunft der Kontrollergebnisse verpflichtet sind – auch wenn die Anträge über die Plattform „Topf Secret“ gestellt wurden.