Nachricht 19.05.2016

Glyphosat-Votum erneut vertagt

Die Entscheidung über eine Wiederzulassung des Unkrautvernichters Glyphosat ist erneut vertagt. Der Grund: Die Experten aus den EU-Mitgliedsstaaten konnten sich auf keine gemeinsame Linie einigen. Jetzt muss sich die EU-Kommission bewegen: Sie muss das Vorsorgeprinzip achten und Glyphosat vorerst vom Markt nehmen.

Sechs Wochen vor Ablauf der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel Glyphosat haben sich die EU-Staaten erneut nicht auf eine gemeinsame Position einigen können. Heute sollten die EU-Mitgliedsstaaten über die Wiederzulassung von Glyphosat abstimmen. Bei den Verhandlungen in Brüssel wurde jedoch klar: Es wird erneut keine qualifizierte Mehrheit für die Wiederzulassung geben. Daraufhin wurde die Abstimmung nochmals vertagt.

Die Uneinigkeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten zeigt, dass offensichtlich auch europäische Spitzenpolitiker die wissenschaftlichen Hinweise auf die gesundheitlichen Risiken von Glyphosat ernst nehmen. foodwatch forderte die EU-Kommission auf, sich endlich zu bewegen: Brüssel müsse das Vorsorgeprinzip achten, das in Europa Gesetz ist – im Zweifel für den Gesundheitsschutz. Deshalb dürfe die EU-Kommission Glyphosat keine neue Zulassung erteilen, solange die wissenschaftlichen Zweifel an der Sicherheit der Substanz nicht widerlegt sind.

Glyphosat ist das weltweit am häufigsten genutzte Unkrautvernichtungsmittel. In Europa läuft die derzeit geltende Zulassung am 30. Juni 2016 aus. Die Europäische Kommission muss über eine weitere Zulassung des Wirkstoffs als Pflanzenschutzmittel entscheiden. Die letzte bekannte Beschlussvorlage der EU-Kommission für die Wiederzulassung sah einen Einsatz des Wirkstoffes in der EU für weitere neun Jahre vor.Ursprünglich wollte die Kommission ihn sogar für weitere 15 Jahre zulassen.

In der Wissenschaft tobt ein Streit über die gesundheitlichen Risiken von Glyphosat. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, ob der Unkrautvernichter für den Menschen krebserregend ist oder nicht.

Wie geht es weiter?

Die EU-Kommission hat nun drei Möglichkeiten vorgeschlagen, wie in Brüssel zu hören war. Eigentlich müsste die EU-Behörde entscheiden, wenn die Staaten sich nicht einig werden. Da es bei dem Treffen nicht zur formalen Abstimmung kam, könnte die EU-Kommission aber auch einfach nichts tun - damit liefe die geltende Zulassung Ende Juni automatisch aus. Allerdings würde für den Verkauf aktueller Bestände noch eine Übergangsfrist gelten.

Als dritte Option hat die Behörde einem Diplomaten zufolge vorgeschlagen, die geltende Zulassung bis Ende des Jahres zu verlängern, um mehr Zeit für eine Entscheidung zu gewinnen. Dies ist bereits einmal geschehen - eigentlich wäre die Zulassung bereits Ende 2015 ausgelaufen. Den Angaben zufolge sollen die EU-Staaten bis Dienstagabend zu einer erneuten Verlängerung Stellung beziehen. Auch für diesen Beschluss wäre allerdings eine qualifizierte Mehrheit nötig.

Über eine E-Mail-Protestaktion von foodwatch unter www.glyphosat-aktion.foodwatch.de protestieren bereits mehr als 140.000 Verbraucherinnen und Verbraucher aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden gegen eine Neuzulassung von Glyphosat.

Mit dpa