Gutachten stuft Glyphosat nicht als krebserregend ein – Zweifel bleiben
Ein neues Gutachten stuft den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat nicht als krebserregend ein. Die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse erfüllten nicht die Kriterien, um Glyphosat als krebserregend zu bewerten, heißt es in dem am 15. März 2017 in Helsinki vorgestellten Gutachten der europäischen Chemikalienagentur ECHA. Die WHO-Krebsforschungsagentur IARC dagegen hält ihre Einstufung für Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ aufrecht.
Im vergangenen Sommer hatte die EU-Kommission entschieden, dass Glyphosat bis Ende 2017 zugelassen bleibt, weil sich die EU-Länder nicht auf ein Verbot oder eine Verlängerung hatten einigen können. Die europäische Chemikalienagentur wurde beauftragt, ein Gutachten zu der strittigen Frage zu erstellen. Die ECHA-Experten stuften jetzt die umstrittene Substanz als die Augen ernsthaft schädigend und giftig für Organismen im Wasser ein. Sie kamen allerdings nicht zu dem Schluss, Glyphosat als krebserregend zu bewerten.
EU-Kommission will Diskussion wieder aufnehmen
Nach einer redaktionellen Kontrolle schickt die ECHA ihre Bewertung, auf deren Grundlage neu über die Zulassung von Glyphosat entschieden werden soll, an die EU-Kommission. Diese erklärte am Mittwoch, sie habe die Bewertung zur Kenntnis genommen. Nach Eingang der endgültigen Version werde sie ihre Diskussionen mit den EU-Mitgliedsstaaten wieder aufnehmen.
Einschätzung der WHO-Krebsforscher hat weiter Bestand
Die WHO-Krebsforschungsagentur IARC hingegen bleibt bei ihrer Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für Menschen“. In einer aktuellen Stellungnahme heißt es: „The IARC evaluation of glyphosate is not affected by the ECHA review. IARC does not comment on the expertise, methodology, or conclusions of other national or international committees.“ („Das Gutachten der ECHA hat keinen Einfluss auf die IARC-Bewertung von Glyphosat. IARC kommentiert die Expertise, Methodik oder Schlüsse anderer nationaler oder internationaler Gremien nicht.“ [Übersetzung: foodwatch]).
foodwatch fordert: Vorsorgeprinzip anwenden!
Es bleibt dabei: Bei der Bewertung von Glyphosat sind die Wissenschaftler uneins. Die WHO-Krebsforschungsagentur (IARC) kommt zu dem Schluss, es sei „wahrscheinlich krebserregend“, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die europäische Chemikalienagentur (ECHA) dagegen teilen diese Einschätzung nicht. Solange es begründete Zweifel an der Ungefährlichkeit von Glyphosat gibt – und diese bestehen durch die Einschätzung des IARC weiter – muss die EU-Kommission aus Sicht von foodwatch das im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip anwenden. Das heißt: Solange seriöse Hinweise auf gesundheitliche Risiken im Raum stehen, darf Glyphosat nicht weiter auf dem Acker eingesetzt werden! Unterstützen Sie diese Forderung und unterzeichnen Sie unsere E-Mail-Aktion!
Grundsätzlich muss allen potenziell schädlichen Mitteln die Zulassung entzogen werden. Bei künftigen Zulassungsverfahren dürfen nur noch solche Einzelwirkstoffe und Präparate als Pflanzenschutzmittel zugelassen werden, die transparent und unabhängig als unbedenklich bewertet wurden. Aus Sicht von foodwatch muss das Ziel sein, dass die Landwirtschaft ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel oder etwa das Schwermetall Kupfer im Obstbau auskommt. Das gilt für die gesamte Landwirtschaft, egal ob konventionell oder ökologisch.
(Text mit dpa, Bild: fotolia.com/Dusan Kostic - Iris Kaschl)