Die Supermarktkette Aldi will nur noch Eier anbieten, bei denen bereits im Brutei das Geschlecht bestimmt wird und die männlichen Eier gar nicht erst ausgebrütet werden. An den katastrophalen Haltungsbedingungen der Legehennen ändert dies jedoch nichts.
In der Debatte um das millionenfache Töten männlicher Küken in der Legehennenzucht hat foodwatch die Geschlechtsbestimmung im Ei als Scheinlösung bezeichnet. Die Supermarkkette Aldi hatte kürzlich angekündigt, nur noch Eier anzubieten, bei denen bereits im Brutei das Geschlecht bestimmt wird und die männlichen Eier gar nicht erst ausgebrütet werden. An den katastrophalen Haltungsbedingungen, unter denen die weiblichen Legehennen leiden, ändert sich durch die Geschlechtserkennung jedoch nichts. Zudem sind von der Aldi-Initiative nur frische Schaleneier betroffen – nicht die Massen an Eiern, die beispielsweise in verarbeiteten Lebensmitteln landen.
Die heute in der Agrarindustrie eingesetzten Hochleistungs-Legehennen legen sich buchstäblich krank - daran wird die Geschlechtsbestimmung im Ei rein gar nichts ändern.Veterinärmediziner und internationaler Strategiedirektor bei foodwatch
Zweinutzungshühner statt Geschlechtsbestimmung im Ei
foodwatch fordert, statt der Geschlechtsbestimmung im Ei auf sogenannte Zweinutzungshühner zu setzen. Diese robusteren und weniger krankheitsanfälligen Rassen eignen sich sowohl für die Eier- als auch zur Fleischproduktion. Für Legehennen muss die Bundesregierung zudem – wie für alle Nutztiere – strenge, gesetzliche Vorgaben zur Tiergesundheit machen. Viele der heute in der Agrarindustrie eingesetzten Hochleistungs-Legehennen leiden unter haltungsbedingten Krankheiten. Die enorme Legeleistung bezahlt jede zweite Henne mit Knochenbrüchen, weil das Kalzium aus den Knochen gezogen und für die Schalenbildung verwendet wird. Hinzu kommen ausgeprägter Kannibalismus und schmerzhaft veränderte Fußballen.
Verstoß gegen "Staatsziel Tierschutz"
Diese Zustände sind ein Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte ‚Staatsziel Tierschutz‘ - das die Bundesregierung hartnäckig ignoriert. foodwatch fordert eine gesetzlich vorgeschriebene, betriebsgenaue Erfassung der Tiergesundheit in allen Ställen.
Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das Kükentöten bis zur Mitte der Legislaturperiode – also zum Herbst 2019 – zu beenden. Doch noch immer werden laut Bundesagrarministerium jährlich etwa 45 Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen getötet, weil sie keine Eier legen und also wirtschaftlich wertlos sind. Die Aufzucht ist unwirtschaftlich, weil die Hähne der auf extreme Legeleistung gezüchteten Rassen kaum Fleisch ansetzen. Bundesagrarministerin Julia Klöckner setzt auf eine rein freiwillige Vereinbarung mit der Geflügelwirtschaft und zudem ausschließlich auf technische Verfahren.
Quellen
- Ankündigung von Aldi
- foodwatch-Report zur Legehennenhaltung
- Millionenfaches Kükentöten: Wie die Geflügelwirtschaft den Ausstieg torpediert und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Koalitionsvertrag bricht (foodwatch-Pressemitteilung, 15.11.2019)
- Koalitionsvertrag zu Kükentöten (S. 86)
- Bundesagrarministerium zu Kükentöten und Geschlechtserkennung im Ei