Preisradar für mehr Transparenz bei Aldi, Rewe & Co.
Wegen der anhaltend hohen Lebensmittelpreise ist es Zeit für eine Preisbeobachtungsstelle, die Aldi, Rewe & Co. auf die Fingern schaut. Ein neues foodwatch-Tool zeigt, wie so etwas aussehen kann.
Die Lebensmittelpreise in Deutschland sind nach wie vor hoch und stellen für immer mehr Verbraucher:innen eine enorme Herausforderung dar. In einer Umfrage für den Verbraucherzentrale Bundesverband gaben fast 30 Prozent der Verbraucher:innen Ende 2024 an, Ausgaben in anderen Bereichen einzuschränken um ihre Lebensmitteleinkäufe bezahlen zu können. Bei den Haushalten mit einem monatlichen Einkommen von unter 1.500 Euro waren es sogar 58 Prozent.
Ansiteg der Lebensmittelpreise höher als Gesamtinflation
Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Preise für Lebesmmittel im November 2024 durchschnittlich 34 Prozent über dem Niveau von November 2020. Dieser Anstieg fällt deutlich höher aus als der für Verbraucherpreise insgesamt mit 19 Prozent.
Mittlerweile sind die Energie- und Rohstoffkosten für Lebensmittelindustrie und Handel inzwischen wieder gesunken. Nicht gesunken sind dagegen die Lebensmittelpreise. Machen die großen Handelskonzerne Rewe, Aldi & Co. also Profite auf Kosten der Verbraucher:innen?
Laut Europäischer Zentralbank gibt es zwar Gründe für Preisstegerungen bei Lebensmitteln in den letzten Jahren: gestiegene Löhne in der Landwirtschaft, der Industrie und im Transportgewerbe zum Beispiel. Vollständig erklären kann sie die anhaltend hohen Lebensmittelpreise jedoch nicht. Und auch die Monopolkommission sagt: Schon seit vielen Jahren erhöht der Einzelhandel zwar die Preise, wenn seine Kosten stiegen. Sinken diese wieder, werden die Einsparungen jedoch nicht in der Breite an die Verbraucher:innen weitergegeben. Dies deute auf einen fehlenden Wettbewerbsdruck und oligopolistisches Verhalten hin.
Eigenmarken besonders stark gestiegen
Wer die PR-Maschinen der großen Handelskonzernen verfolgt, bekommt einen ganz anderen Eindruck: Aldi, Rewe & Co. geben sich in Krisenzeiten als Freund und Helfer an der Seite der Verbraucher:innen mit - insbesondere mit Verweis auf ihre günstigen Eigenmarken. Doch schon 2023 konnte eine foodwatch-Datenauswertung zeigen: Unter den verteuerten Produkte stechen die günstigsten Eigenmarken der Supermarktketten, wie „Ja“ von Rewe und „Gut&Günstig“ von Edeka, besonders heraus: Ihr Preis stieg besonders stark - um durchschnittlich mehr als 30 Prozent. Markenprodukte haben sich dagegen nur halb so stark verteuert.
Deckungsgleiche Preisentwicklungen
Obendrein entwickeln sich die Preise der Eigenmarken fast gleich. Das zeigt ein neues Online-Tool, der foodwatch-Preisradar für ausgewählte Produkte. Steigt der Preis eines Produktes bei einer Handelskette, ziehen die anderen nach.
Zwei Beispiele:
- Joghurt der Eigenmarken von Gut & Günstig (Edeka), ja! (Rewe) und Milsani (Aldi Nord) kosteten im Juni 2024 noch 0,89 Euro. Im Juli stieg der Preis bei allen drei Handelsketten um jeweils 6 Cent. Zum Januar 2025 stiegen die Preise aller Produkte nochmals, dieses Mal auf 0,99 Euro.
- Kaffee der Marken Gut & Günstig, ja! und Barissimo (Aldi Nord) stiegen im Juli 2024 alle von 4,29 Euro um 50 Cent auf 4,79 Euro. Im Januar 2025 dann bei Rewe und Aldi Nord um 20 Cent auf 4,99. Nur der Preis des Edeka-Produkts bleibt bislang konstant bei 4,79 Euro.
Der foodwatch-Preisradar bildet die Preise ausgewählte Produkte der Preiseinstiegs-Eigenmarken von Aldi, Rewe und Edeka ab Mai 2024 ab. Dafür scannt das Tool täglich deren Online-Shops. Lidl ist nicht dabei, da das Unternehmen keine umfassenden Preisdaten online verfügbar hat.
Der Wettbewerb zwischen Aldi, Rewe & Co. funktioniert hinten und vorne nicht: Die Unternehmen betreiben Preistreiberei trotz sinkender Energie- und Rohstoffpreise. Die Leidtragenden dieses intransparenten Systems sind die Verbraucher:innen.Recherche und Kampagnen
Die nächste Bundesregierung muss Schluss machen mit dem Preisgeheimnis der Handelsketten und einen fairen Wettbewerb fördern: Eine Preisbeobachtungsstelle sollte den großen Konzernen auf die Finger schauen und Preisentwicklungen leicht verständlich öffentlich machen.
Die Beobachtungsstelle muss alle für eine umfassende Analyse der Preisbildung im Lebensmittelsektor notwendigen Daten erheben, regelmäßig auswerten und Handlungsempfehlungen für Politik und Behörden ableiten. Auch wenn ein Teil der Daten, wie zum Beispiel bestimmte Kostenstrukturen, vertraulich erhoben werden sollte, müssen auch allgemein zugängliche Auswertungen veröffentlicht werden. Zudem müssen Preisentwicklungen eines durchschnittlichen Warenkorbes für Verbraucher:innen ebenso wie die Erzeugerpreise für die wichtigsten Produkte transparent einsehbar sein. Einen entsprechenden Aufschlag hat foodwatch mit dem Preisradar gemacht.