Auf einigen Produkten ist er bereits seit ein paar Monaten zu finden – ab November dürfen Hersteller in Deutschland den Nutri-Score nun auch offiziell verwenden. Das Ampel-Logo führt nachweislich zu einem gesünderen Kaufverhalten. Der Haken: Es gibt keine Kennzeichnungspflicht.
Die Lebensmittelampel „Nutri-Score“ geht ab November an den Start, damit Verbraucherinnen und Verbraucher gesündere Lebensmittel beim Einkauf leichter erkennen können. Eine von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Verordnung hat inzwischen grünes Licht von der EU und dem Bundesrat. Sie schafft den Rechtsrahmen, damit Hersteller das Logo auf die Packungen von Fertigprodukten drucken können. Weil eine gesetzliche Verpflichtung allein auf nationaler Ebene nach europäischem Recht nicht möglich ist, bleibt die Kennzeichnung jedoch nur freiwillig. Die Gefahr: Die Hersteller unausgewogener Produkte werden den Nutri-Score nicht nutzen.
So schön es ist, dass Frau Klöckner ihren Widerstand gegen den Nutri-Score aufgegeben hat, so unzureichend ist eine rein freiwillige Regelung.Recherche & Kampagnen
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner muss die deutsche EU-Ratspräsidentschaft dafür nutzen, den Nutri-Score europaweit verpflichtend einzuführen. Nur wenn die Ampel auf allen Verpackungen zu sehen ist, können Verbraucherinnen und Verbraucher Produkte miteinander vergleichen und eine gesündere Kaufentscheidung treffen.
Widerstand gegen die Ampel
Julia Klöckner hatte sich lange gegen eine Lebensmittelampel gestemmt. Unter anderem ließ sie offenbar eine wissenschaftliche Studie umschreiben, die dem Nutri-Score ein gutes Zeugnis ausgestellt hatte. Frau Klöckner gab ihren Widerstand auf, nachdem sich die Mehrheit bei einer Verbraucherbefragung 2019 für den Nutri-Score ausgesprochen hatte.
Doch auch nach Einführung des Nutri-Score ist das System unter Beschuss und droht zu verwässern. Die Lebensmittellobby arbeitet bereits mit Hochdruck daran, die Berechnungsgrundlage der Ampel-Kennzeichnung so zu verändern, dass unausgewogene Produkte gesünder abschneiden – selbst einige Zuckergetränke bekämen dann eine grüne Ampel.
So funktioniert der Nutri-Score
Das aus Frankreich stammende System bezieht neben dem Gehalt an Zucker, Fett und Salz empfehlenswerte Bestandteile wie Ballaststoffe und bestimmte Proteine in eine Gesamtbewertung ein und gibt dann einen einzigen Wert an – auf einer fünfstufigen Skala von „A“ auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes „C“ bis zum roten „E“ für die ungünstigste. Das zutreffende Feld wird hervorgehoben. Das Logo ist schon seit einiger Zeit in deutschen Supermärkten zu sehen. Mehrere Lebensmittelhersteller und Händler haben eine Einführung angekündigt, wenn der Rechtsrahmen da ist.
Fragen und Antworten zum Nutri-Score
Ampel ist nur ein Baustein
Der Nutri-Score kann allerdings nur ein Baustein unter vielen sein im Kampf gegen Fehlernährung und ernährungsbedingte Krankheiten. Statt auf freiwillige Initiativen der Industrie zu hoffen, muss Julia Klöckner verbindliche Maßnahmen durchsetzen: Neben einem europaweit verpflichtenden Nutri-Score braucht es vor allem gesetzliche Regelungen, um Kinder vor Junk-Food-Werbung zu schützen. Während immer mehr Länder Kinderwerbebeschränkungen umsetzen, können hierzulande Ferrero, Coca-Cola und Co. ihr Junkfood weiterhin ungehindert an Kinder und Jugendliche vermarkten.
mit dpa