Bier auf Wein, das lass‘ sein – stimmt das?
Sarah Häuser von foodwatch antwortet:
Die Freiluftsaison beginnt. Egal, ob im Biergarten, im Park oder auf dem Grillfest: Für viele Menschen gehört dazu ein Glas Weißwein oder ein kühles Bier. Doch wer zu tief ins Glas geschaut hat, dem droht am nächsten Morgen ein Kater. Hängt das Unwohlsein am Tag danach nur damit zusammen, wie viel man getrunken hat? Oder kommt es auch auf die Reihenfolge der Getränke an, wie es der Ratschlag „Bier auf Wein, das lass‘ sein; Wein auf Bier, das rat ich dir?“ besagt?
Ein Besäufnis im Dienste der Wissenschaft
Dieses Sprichwort gibt es übrigens nicht nur im Deutschen, auch in anderen Ländern wie in Frankreich und England rät man, Bier nicht auf Wein folgen zu lassen. Ist also was dran an dem alten Spruch? Forscherinnen und Forscher der Uni Witten/Herdecke haben dies in einem feuchtfröhlichen Experiment untersucht. 90 Freiwillige tranken dazu an zwei verschiedenen Abenden jeweils entweder zunächst Weißwein oder Bier und wechselten bei 0,5 Promille im Blut auf das andere Getränk. Eine Kontrollgruppe trank entweder nur Bier oder nur Wein. Am Tag danach prüften die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Stärke des Katers. Dabei zeigte sich: Der alte Rat gehört wohl ins Reich der Mythen. Für die Schwere des Katers am nächsten Morgen spielte es keine Rolle, in welcher Reihenfolge die Personen Bier und Wein konsumiert hatten. Ob die Probandinnen und Probanden bei nur einer Getränkesorte blieben oder sie wechselten, wirkte sich ebenfalls nicht auf ihr Wohlbefinden aus.
Der Kater hängt von vielen Faktoren ab
Ob man unter einem Kater leidet, hängt natürlich zum einen von der Menge des getrunkenen Alkohols ab. Die „Katerwissenschaft“ ist allerdings komplizierter. Neben dem reinen Alkoholgehalt eines Getränks spielen wohl auch weitere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel, ob es Geschmacks- oder Farbstoffe enthält. Eine Studie legt nahe, dass deshalb Bourbon bei gleicher Alkoholkonzentration einen schwereren Kater verursacht als Wodka. Darüber hinaus dürften auch Faktoren wie die individuelle Toleranz, ob man genug Wasser getrunken hat und die Gewöhnung an den Alkoholkonsum eine Rolle dabei spielen, ob man an einem Kater leidet oder nicht.
Das Sprichwort hat einen anderen Hintergrund
Der Kater habe aber auch sein Gutes, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Witten/Herdecke: Er sei „ein schützendes Warnzeichen, das den Menschen im Laufe der Jahrhunderte sicherlich geholfen haben wird, zukünftiges Verhalten zu verändern.“ Und das alte Sprichwort? Das hat seine Ursprünge wohl im Mittelalter und war vermutlich gar kein Gesundheitstipp, sondern bezog sich auf den gesellschaftlichen Status einer Person. Weil Bier billiger war, galt es als ein Zeichen sozialen Aufstiegs, sich Wein leisten zu können. Wer stattdessen von Wein auf Bier wechseln musste, der war gesellschaftlich abgestiegen.