Insekten als Lebensmittel – das Thema erhitzt die Gemüter. Und in den sozialen Medien verbreiten sich wilde Verschwörungserzählungen, uns würden demnächst Mehlwürmer untergejubelt. Was ist dran?
Sarah Häuser von foodwatch antwortet:

foodwatch/Sabrina Weniger
Kurz gesagt: Der Mehlwurm im Brötchen ist möglich, aber unwahrscheinlich. Bereits seit einigen Jahren erlaubt die EU verschiedene Insektenarten als Lebensmittel – darunter auch den Mehlwurm. Seit Februar 2025 darf nun auch ein UV-behandeltes Mehlwurmpulver verwendet werden, das unter anderem Brot und Brötchen beigemischt werden darf. Doch das heißt noch lange nicht, dass wir uns beim Bäcker vor Insekten im Teig fürchten müssen.
Insekten müssen gekennzeichnet werden
Wem beim Gedanken an Mehlwürmer, Grillen oder Heuschrecken nicht das Wasser im Mund zusammenläuft, kann beruhigt sein: In verpackten Lebensmitteln müssen die Tierchen im Zutatenverzeichnis angegeben werden. Das neu zugelassene Mehlwurmpulver zum Beispiel muss als „UV-behandeltes Larvenpulver von Tenebrio molitor (Mehlwurm)“ gekennzeichnet sein. Zudem ist ein Allergenhinweis erforderlich, da Menschen mit einer Allergie gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben auf Insekten allergisch reagieren könnten. Dieser Hinweis muss in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste stehen. Lose Ware, beispielsweise beim Bäcker, muss zwar kein Zutatenverzeichnis tragen. Anbieter dürfen aber unerwartete Zutaten wie Insekten nicht einfach verschweigen, sondern müssen etwa mündlich oder mit einem Schild an der Ware darüber informieren. Auch bei unverpackter Ware ist außerdem eine Information über Allergene verpflichtend.
Bäckereien: Kein Mehlwurmbrot im Angebot
Abgesehen von der Kennzeichnungspflicht: Es würde wirtschaftlich gar keinen Sinn machen, Insekten im Lebensmittel zu verschweigen. Denn Zutaten wie Mehwurmpulver sind teuer - sie kosten deutlich mehr als normales Mehl aus Getreide. Wenn Insekten in Lebensmitteln eingesetzt werden, ist das ein Alleinstellungsmerkmal und wird dementsprechend prominent beworben. Während man entsprechende Produkte im Supermarkt kaum findet, bieten einige kleinere Onlineshops Insekten-Proteinpulver für Shakes, Insektenriegel oder Mehlwurmmehl an. Doch solche Produkte sind nach wie vor Nische. Im Gespräch mit Spiegel Online stellt eine Sprecherin des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks klar: „Uns sind keine Betriebe bekannt, die von Insektenmehl Gebrauch machen.“
Kein Wunder: Bislang bleiben Verbraucherinnen und Verbraucher mit Blick auf Insekten als Lebensmittel ziemlich skeptisch. Einer repräsentativen Umfrage im Auftrag eines Lebensmittel- und Tiernahrungsherstellers zufolge haben vor allem die älteren Befragten teils große Vorbehalte.

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Warum überhaupt Insekten im Essen?
Insekten gelten als alternative Proteinquelle und sie enthalten auch weitere positive Bestandteile, zum Beispiel Mineralien und gesunde Fettsäuren. Es spricht also nichts gegen ihren Verzehr. In Deutschland sind wir jedoch nicht auf Insekten angewiesen, um uns gesund zu ernähren. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liegt die Proteinzufuhr hierzulande deutlich über dem empfohlenen Wert – ein Proteinmangel existiert nicht. Und: Um unseren Proteinbedarf zu stillen, können wir gut und gerne auf pflanzliche Lebensmittel zurückgreifen. Denn auch Hülsenfrüchte, Soja, Nüsse, Vollkornprodukte & Co. sind gute Proteinquellen.
Fazit:
Theoretisch könnten Brötchen in Zukunft Mehlwürmer enthalten – praktisch ist das aber unwahrscheinlich. Solange die Nachfrage fehlt und die Akzeptanz gering ist, bleibt das eher eine Randerscheinung im Lebensmittelsektor. Wer sichergehen will, kann das Zutatenverzeichnis checken oder beim Bäcker nachfragen.