Planetary Health Diet – der Speiseplan zur Weltrettung?
Sarah Häuser von foodwatch antwortet:
Wie könnte eine Ernährungsweise aussehen, die gleichzeitig gesund und nachhaltig ist? Dieser Frage ist eine Expertenkommission nachgegangen, herausgekommen ist die sogenannte „Planetary Health Diet“. Dieser Ernährungsplan nimmt zwei zentrale globale Herausforderungen in den Blick: die Zunahme ernährungsbedingter Krankheiten und die negativen Auswirkungen unserer Ernährungsweise auf die Umwelt. Der von der internationalen EAT Lancet-Kommission entwickelte Speiseplan soll sowohl die menschliche Gesundheit als auch den Planeten gleichermaßen schützen. Dazu ist aus Sicht der Expert*innen eine Umstellung auf eine „flexetarische“ Ernährung nötig, die stark pflanzenbasiert ist und tierische Produkte nur in Maßen erlaubt.
Grünzeug auf den Teller
Der Planetary Health Diet zufolge sollten Menschen etwa 300 Gramm Gemüse und 200 Gramm Obst am Tag verzehren – zusammen etwa fünf Portionen. Dazu kommen eine große Portion Vollkorngetreide (232 Gramm), Hülsenfrüchte (75 Gramm) und Nüsse (50 Gramm), außerdem etwa 50 Gramm Fette und Öle, größtenteils ungesättigte. Tierische Produkte können moderat gegessen werden: wöchentlich bis zu eine Portion rotes Fleisch, bis zu zweimal Hähnchen und Fisch. Außerdem täglich ein Milchprodukt, zum Beispiel ein Glas Milch oder zwei Scheiben harter Käse. Zucker würde drastisch reduziert. Wenn sich die ganze Welt an diese Vorgaben halten würde, könnten nach Berechnungen der Forscher*innen jährlich etwa 11 Millionen Todesfälle aufgrund ungesunder Ernährung vermieden werden. Außerdem sei es mit dieser Ernährungsweise sowie zusätzlichen Verbesserungen in der Lebensmittelproduktion machbar, bis zum Jahr 2050 etwa 10 Milliarden Menschen gesund zu ernähren, ohne den Planeten zu zerstören.
Weniger Fleisch als die DGE empfiehlt
Der Speiseplan der Planetary Health Diet ähnelt in den meisten Punkten den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Auch die DGE empfiehlt täglich fünf Portionen Obst und Gemüse für eine gesunde Ernährung, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse. Die größten Unterschiede zwischen den Empfehlungen bestehen bei den Mengen für Milchprodukten und rotes beziehungsweise verarbeitetes Fleisch. Die DGE empfiehlt die doppelte Menge an Milchprodukten und auch die Empfehlungen für Fleisch und Wurst liegen deutlich höher. Dies lässt sich vor allem auf zwei Gründe zurückführen: Zum einen orientiert sich die DGE bei ihren Empfehlungen stärker an den regionalen Essgewohnheiten. Zum anderen bezieht sie sich ausschließlich den Gesundheitswert von Lebensmitteln und nimmt nicht die planetaren Grenzen in den Blick. Gemessen an den Empfehlungen der Planetary Health Diet müsste der derzeitige Konsum von Milchprodukten etwa halbiert werden. Der Verzehr von rotem Fleisch müsste etwa um 90 Prozent reduziert werden. Doch wie werden Menschen dazu ermutigt, ihre Ernährung umzustellen?
Gesunde Wahl muss einfache Wahl sein
Mit Appellen ist es nicht getan, das steht fest. Stattdessen braucht es wirksame politische Maßnahmen, um gesunde Ernährung zu fördern und die Landwirtschaft nachhaltig zu gestalten. Damit Menschen sich besser ernähren, muss die gesunde Wahl zur einfachen Wahl gemacht werden. Ärztinnen und Ärzte fordern schon lange, dass die Verpflegung in Schulen und Kitas verpflichtenden Qualitätsstandards unterliegen sollte, überzuckerte Lebensmittel nicht mehr an Kinder beworben werden dürfen und Hersteller einen Anreiz bekommen sollten, ausgewogenere Rezepturen für ihre Produkte zu entwickeln. Auch die verpflichtende Kennzeichnung der Nährwerte eines Produkts in leicht verständlichen Ampelfarben kann Menschen dazu bewegen, gesündere Kaufentscheidungen zu treffen. Die Streichung der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse könnte ebenfalls gute Anreize für eine stärker pflanzenbasierte Ernährung setzen und gerade Menschen mit wenig Geld eine gesunde Ernährung erleichtern.
Wer Umweltschäden verursacht, soll dafür zahlen
Darüber hinaus braucht es eine Abkehr von der derzeitigen Agrarpolitik. Aktuell werden die Umweltkosten, die durch die landwirtschaftliche Produktion entstehen, auf die Allgemeinheit abgewälzt – nur deshalb können Schnitzel zum Billigpreis angeboten werden, obwohl die Tierhaltung zu den Hauptverursachern der Umweltschäden gehört. So belastet die Gülle das Grundwasser, Wasserbetrieben und Kläranlagen entstehen hohe Mehrkosten. Auch der energieintensive Futtermittelanbau und die Betreibung von Ställen und Belüftungssystemen sind ein großes Problem. Um Anreize zu schaffen, möglichst umweltfreundlich zu produzieren, sollte das Verursacherprinzip angewendet werden: Die Landwirtschaft muss für die von ihr verursachten Klima- und Umweltschäden aufkommen. Das würde umweltfreundlich erzeugte Produkte günstiger machen als solche, deren Produktion hohe Umweltschäden verursacht.
Entschlossenes politisches Handeln nötig!
Die Planetary Health Diet kann einen Anstoß dazu bieten, über die eigene Ernährungsweise nachzudenken. Viel wichtiger: Sie zeigt auf, dass unser Ernährungssystem enorme globale und gesellschaftliche Auswirkungen hat. Um der Dimension des Problems gerecht zu werden, ist entschlossenes politisches Handeln nötig!