Fast 60.000 Menschen haben für ein „Nein“ zum Freihandelsabkommen CETA im Wahlprogramm der Grünen unterschrieben. Der Protest hat eine parteiinterne Debatte über die künftige Handelspolitik ausgelöst. Doch am Ende hat es nicht gereicht: Der abgeänderte Text im Grünen Wahlprogramm enthält kein klares „Nein“ zu CETA.
Die Grünen haben sich entschieden: Sie geben ihren jahrelangen Widerstand gegen das umstrittene europäisch-kanadische Handelsabkommen auf und verzichten auf ein klares „Nein“ zu CETA in ihrem Wahlprogramm. Zwar äußerten die Grünen nun „erhebliche Kritik“ an den bereits in Kraft getretenen Teilen des Vertrages und fordern eine „Neuausrichtung“ des Abkommens – jedoch ohne festzulegen, im Falle einer Regierungsbeteiligung eine Abstimmung zu CETA im Bundestag und Bundesrat herbeizuführen und das Abkommen zu stoppen. Dabei kann die EU und Kanada das Abkommen nur dann neu verhandeln, wenn CETA zu Fall gebracht wird.
Die Grünen tun so, als lehnten sie CETA ab. Doch in Wahrheit wollen sie in der Handelspolitik da weiter machen, wo die Große Koalition aufhört: Wirtschaften auf Kosten der Umwelt, und zu Lasten von Verbraucher- und Gesundheitsschutz.Campaignerin
Appell an die Grünen
foodwatch kritiserte bereits den ersten Entwurf des grünen Wahlprogramms. Darin stand, man wolle das Abkommen in der „derzeitigen Fassung nicht ratifizieren, sondern es bei der Anwendung der derzeit geltenden Teile belassen.“ Mit dieser Formulierung tolerierten die Grünen, dass weite Teile von CETA auch in Zukunft in Kraft bleiben – ohne, dass Bundestag und Bundesrat den Vertrag ratifiziert haben. Auch die schon heute vorläufig geltenden Teile des CETA-Vertrages sind undemokratisch und können negative Folgen für die Bürgerinnen und Bürger in Europa haben. Die durch CETA eingerichteten „Vertragskomitees“ können bereits jetzt ohne jegliche parlamentarische Kontrolle weitreichende Entscheidungen treffen, etwa zu Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltstandards.
Mehrere Änderungsanträge zu CETA
Nach der foodwatch-Kritik und dem E-Mail-Protest zehntausender Unterstützer*innen hatten mehrere Grünen-Mitglieder Änderungsanträge eingebracht. Bei der Bundesdelegiertenkonferenz vom 11.-13. Juni standen daraufhin drei Anträge zur Abstimmung. Um die Grünen kurz vor der Konferenz noch von einem klaren „Nein“ zu CETA zu überzeugen, haben foodwatch-Aktivist*innen die rund 60.000 Unterschriften der Online-Petition an die stellvertretende Bundesvorsitzende, Ricarda Lang, übergeben.
Blumige Worte statt klare Kante
Doch die Grünen haben während der Konferenz für eine Version gestimmt, die sich inhaltlich nicht wesentlich vom Entwurf des Wahlprogramms unterscheidet, sondern diesem lediglich einen blumigen Anstrich verleiht. Die aktualisierte Fassung des Wahlprogramms unterstützt weiterhin die vorläufige Anwendung eines Handelsabkommens, welches die parlamentarische Kontrolle umgeht, dem Gemeinwohl schadet und Konzerninteressen freie Bahn lässt.
Grüne wollen CETA verbessern – eine grobe Täuschung!
Beispielsweise folgende Passage: „Auch an den derzeit vorläufig angewendeten Teilen von CETA haben wir erhebliche Kritik. Wir wollen das Abkommen gemeinsam mit Kanada weiterentwickeln und dadurch neu ausrichten. Wir wollen insbesondere die demokratische Kontrolle bei der regulatorischen Kooperation verbessern. Hier muss das Europaparlament künftig besser eingebunden werden. Zudem braucht es stärkere Regelungen zu Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz und die Sicherung des europäischen Vorsorgeprinzips.“
Das klingt gut. Aber mehr als das eben auch nicht. Die Grünen erkennen zwar an, dass die CETA-Ausschüsse nicht demokratisch legitimiert sind, schüren aber gleichzeitig die Erwartung, dass sich dieses Problem durch zukünftige Vereinbarungen innerhalb der europäischen Institutionen und zusammen mit Kanada beseitigen lässt – eine grobe Täuschung. Änderungen an CETA sind nur möglich, wenn sowohl alle EU-Institutionen als auch Kanada zustimmen – und das ist höchst unrealistisch. Auch eine „Neuausrichtung“ von CETA ist illusorisch. Dies ist nur möglich, wenn CETA im laufenden Ratifikationsprozess gestoppt wird – das haben die Grünen aber offenbar gar nicht vor.
CETA muss gestoppt werden
Auch wenn wir bei den Grünen eine Debatte zu CETA entfacht haben, sind wir noch lange nicht am Ziel. Unsere Forderung bleibt: CETA muss gestoppt werden! Der Bundestagswahlkampf und die anschließenden Koalitionsverhandlungen stehen bevor und wir werden CETA auch in Zukunft immer wieder auf die Agenda setzen!
Die Aktion „Grüne: Wort halten –CETA stoppen!“ haben wir am 15.06.2021 beendet. Rund 60.000 Menschen haben sich für ein klares „Nein“ zu CETA im Wahlprogramm der Grünen eingesetzt.