CETA-Abkommen

Das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada ist eine Art kleine Schwester des Transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommens TTIP zwischen EU und USA. Auch im CETA-Vertrag sind umstrittene private Schiedsgerichtsverfahren geplant – eine Gefahr für die Unabhängigkeit des demokratischen Systems.
Das CETA-Abkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement) gehört zu einer neuen Generation von Freihandels- und Investitionsschutzabkommen, deren Ziel nicht nur die Senkung von Zöllen, sondern auch die Beseitigung sogenannter nicht-tarifärer Handelshemmnisse ist. Zu nicht-tarifären Handelshemmnissen gehören neben technischen Standards von Produkten (zum Beispiel den Sicherheitsausrüstungen von Autos) auch Produktstandards und Zulassungsverfahren, die den Umwelt- und Verbraucherschutz betreffen oder auch Auswirkungen auf Arbeitnehmerrechte haben.
Investitionsschutz als entscheidende Gefahr
Eine gravierende Gefahr sowohl des CETA- als auch des TTIP-Abkommens stellen die Vereinbarungen zum Investitionsschutz dar. Was bei TTIP kommen könnte, sieht der bereits fertig ausgehandelte CETA-Vertrag bereits vor: dass nämlich Unternehmen Staaten für rechtliche Maßnahmen verklagen können, die die Gewinne ihrer Investitionen beeinträchtigen (ISDS: Investors-State Dispute Settlement).
Solche Klagen werden nicht durch unabhängige, staatliche Richter entschieden, sondern durch private Schiedsrichter. Eine Berufung gegen ein Urteil ist nicht möglich. Bei diesen Streitigkeiten können Staaten zu erheblichen Schadensersatzzahlungen verpflichtet werden. Die Zahl der bekannten Klagen weltweit beläuft sich derzeit mittlerweile auf rund 600 Stück und ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Die Klagen richten sich gegen verschiedenste Bestimmungen des Umweltschutzes, des Gesundheitsschutzes oder auch gegen Maßnahmen zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte.
Unternehmen verklagen Staaten auf Milliardenzahlungen
Auch in Deutschland gibt es bereits zwei solcher Verfahren. Dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall gelang es durch eine Schiedsgerichtsklage, Umweltauflagen für das Kohlekraftwerk Hamburg Moorburg zu beseitigen. In einer weiteren Klage hat Vattenfall Deutschland auf 3,7 Milliarden Euro Schadenersatz wegen des Atomausstieges verklagt. Was den Konzern Vattenfall aber nicht davon abhält, zusätzlich mit anderen Konzernen vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen.
Die Klagemöglichkeiten im Rahmen des ISDS-Verfahrens können eine gefährliche Auswirkung haben: Regulierungen zum Fortschritt im Umwelt- und Verbraucherschutz können – aufgrund der Befürchtungen vor einer Klage – nur in abgeschwächter Form oder gar nicht mehr von staatlicher Seite vorangetrieben werden. Konzerne erhalten dadurch einen unakzeptablen Einfluss auf die demokratische Willensbildung eines Staates.
CETA als fatale Vorlage für TTIP?
Wenn die Europäische Union das CETA-Abkommen in der geplanten Fassung akzeptiert, wird ein gefährlicher Präzedenzfall für die Verhandlungen zum TTIP geschaffen. Den US-amerikanischen Handelspartnern könnte man nur schwer erklären, dass man im Abkommen mit Kanada das ISDS-Schiedsgerichtsverfahren akzeptiert, dies jedoch für das TTIP ablehnen will. Somit ist die Entscheidung über CETA auch eine Vorentscheidung über TTIP.
Die Bundesregierung behauptet, es gäbe keinen Grund zur Beunruhigung, denn ohne die Zustimmung der nationalen Parlamente könne CETA (und damit auch TTIP) nicht in Kraft treten. Dies ist jedoch nicht richtig. Sobald der EU-Ministerrat die Abkommen (meistens) mit qualifizierter Mehrheit beschlossen hat, kann dieser auch das Abkommen vorläufig in Kraft setzen. Dann sind die Protestaktionen zu spät.