Der umstrittene Zusatzstoff Titandioxid ist laut einem neuen Gutachten der EU-Lebensmittelbehörde EFSA wegen möglicher Krebsrisiken „nicht mehr sicher“. foodwatch forderte schon vor Jahren ein Verbot.
Titandioxid – in der Zutatenliste meist als E171 abgekürzt – dient in Lebensmitteln als weißer Farbstoff. Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass Titandioxid in Form allerkleinster Nanopartikel möglicherweise Krebs auslösen kann. Bereits im Jahr 2019 wies foodwatch die umstrittene Substanz in Backzutaten diverser Hersteller nach. Eins der betroffenen Unternehmen, Dr. Oetker, verbannte daraufhin Titandioxid aus ihrem Sortiment. In anderen Produkten, vor allem Süßwaren, wird der Stoff jedoch weiterhin eingesetzt. foodwatch appellierte an Bundesministerin Julia Klöckner vergeblich, Titandioxid zu verbieten.
Klöckner reagiert spät
Erst jetzt, nach der jüngsten Warnung der EFSA, fordert die Bundesernährungsministerin ein EU-weites Verbot von E171 in Nahrungsmitteln. Sie erklärte, dass die Gesundheit der Verbraucher*innen an erster Stelle stehen müsse. Julia Klöckner ist spät dran: Nicht nur foodwatch forderte den Verzicht. Auch die französische Regierung hatte bereits vor Jahren festgelegt, dass Titandioxid im Essen ab 2020 zunächst nicht mehr verwendet werden soll. Im Dezember hatte Paris den Bann dann um ein Jahr verlängert.
Titandioxid hat für die Verbraucher*innen keinen Nutzen, sondern dient nur dazu, Produkte weißer und glänzender zu machen. Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hätte den Stoff längst in Deutschland verbieten können.Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Die Ergebnisse der EFSA-Studien werden nun an die EU-Kommission und ihre 27 Mitgliedstaaten zur weiteren Verhandlung gegeben. Laut eines dpa-Berichts stellte dabei der EFSA-Sachverständige Maged Younes nochmal klar: „Unter Berücksichtigung aller verfügbaren wissenschaftlichen Studien und Daten kam das Gremium zu dem Schluss, dass Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen werden kann!“. Zwar fanden die Experten der EU-Behörde nach eigenen Angaben keine abschließenden Beweise für eine toxische Wirkung von E171, jedoch konnten vor allem im Hinblick auf Einflüsse auf das menschliche Erbgut und erhöhte Krebsrisiken nicht ausgeschlossen werden. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung folgt nach Veröffentlichung der Studie den Einschätzungen der EFSA.
Titandioxid wird auch in anderen Produkten wie Zahnpasta, Medikamente, Waschmittel und Kosmetika, Farben und Lacken verwendet. Um diese Waren ging es bei der Prüfung der EFSA hingegen nicht. Bei weiteren Produktgruppen wie etwa für Farben und Lacke hatte die EU-Kommission bereits 2019 erklärt, solle es einen Warnhinweis geben, wenn es ich um Titandioxid in Pulverform handele und das Risiko durch Einatmen des Pulvers bestehe.
Mit dpa