Warum Energydrinks eine Altersgrenze benötigen
Süße Wachmacher, die günstig zu haben sind – sehr ansprechend für Taschengeldkundschaft. Aber bekommen Kinder im Supermarkt überhaupt Energydrinks? Wir haben es getestet.
Veröffentlicht 15.4.2024, Aktualisierung 31.5.2024
Zwei Minderjährige an der Kasse, elf und zwölf, ohne erwachsene Begleitung. So hat foodwatch stichprobenartig Testkäufe in Lidl-Filialen in verschiedenen Berliner Stadtteilen durchgeführt. In fünf von sechs Filialen konnten die Minderjährigen ohne Probleme Energydrinks erwerben. Lediglich eine verweigerte den Kindern den Kauf.
Lidl setzt Altersgrenzen nur in Nachbarländern
In deutschen Lidl-Filialen hängt der Zugang zu aufputschenden Getränken also nur vom persönlichen Ermessen der Mitarbeitenden ab – während der Discounter in Großbritannien, Dänemark, Schweden und den Niederlanden dagegen bereits Altersgrenzen eingeführt und somit die eigene Verantwortung erkannt hat. Das passt nicht zu Lidls medienwirksamer Verpflichtung aus dem vergangenen Jahr, keine ungesunden Lebensmittel mehr an Kinder zu vermarkten. Unterzeichnen Sie jetzt unsere Petition und fordern Sie Lidl auf, keine Energydrinks mehr an Kinder zu verkaufen!
Lidl muss diese Doppelmoral beenden und Verantwortung übernehmen!Kampagnen und Recherchen
Update 31.5.2024: So antwortet Lidl auf unseren Protest
„Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir an einer persönlichen Übergabe nicht interessiert sind“ – so lapidar hat Lidl unsere Terminanfrage zur Unterschriftenübergabe abgelehnt. Öffentlich tut der Konzern zwar so, als wolle Lidl die Kindergesundheit schützen. Die Sorgen von zehntausenden Menschen um die gesundheitsschädigende Wirkung von Energydrinks, die Lidl Woche für Woche zu Cent-Preisen an Kinder verkauft, sind der Führungsetage aber nicht einmal einen kurzen Termin wert. Deshalb geht unser Protest weiter: Bitte unterzeichnen Sie unsere Aktion! Ab heute wird Lidl über jede einzelne Unterschrift direkt benachrichtigt und so daran erinnert, dass immer mehr Menschen Lidl auffordern, seine Geschäftspraxis zu ändern - und darauf eine inhaltliche Antwort erwarten.
Die körperliche Gesundheit von Minderjährigen wird gefährdet
Mediziner:innen warnen seit langem vor den Risiken der Koffeingetränke. Sie werden mit körperlichen Problemen wie Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen und Angstzuständen in Verbindung gebracht. Durch den süßen Geschmack und das gezielte Marketing über Social-Media-Influencer:innen sind Energy Drinks besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebt.
Das Ergebnis: 68 Prozent der Jugendlichen in der EU konsumieren Energydrinks, so eine Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Ungefähr 17% der Konsument:innen trinken mehr als 1 Liter – pro Tag. In Deutschland besonders beliebt sind Lidl-Eigenmarken – jede:r dritte Konsument:in in Deutschland greift zu diesen Produkten.
Günstige Preise verleiten zu hohem Konsum
Das liegt auch am Preis. Im Angebot kostet die Lidl-Eigenmarke “Kong Strong Classic” zum Beispiel nur 25 Cent. Also 1 Liter für nur 1 Euro und damit günstig genug für Kinder. Zum Vergleich: In einer handelsüblichen Halbliterdose steckt bereits mehr Koffein als normalgewichtige Zwölfjährige am Tag maximal zu sich nehmen sollten.
foodwatch fordert Altersgrenze ab 18 Jahren
Mit einer heute gestarteten Online-Petition können Verbraucher:innen Lidl auffordern, keine Energydrinks mehr an Kinder zu verkaufen. Wenn Lidl die Verkaufsrichtlinien in Deutschland ändert, bringt das auch Bewegung in die öffentliche Debatte und andere Handelsketten geraten unter Druck. Eine gesetzliche Regelung für Deutschland ist dann leichter zu erreichen. In Nachbarländern wie Polen, Lettland, Litauen und Rumänien gibt es bereits klare Vorschriften.
Die Fakten sprechen für sich: Es braucht gesetzliche Vorgaben zum Verkauf der gesundheitsschädlichen Wachmacher in Deutschland. foodwatch fordert schon seit Jahren eine Altersgrenze für die Abgabe von Energydrinks.
Quellen und zusätzliche Informationen
- Bundesinstitut für Risikobewertung: „Kinder und Jugendliche: Übermäßiger Konsum von Energy Drinks erhöht Gesundheitsrisiko für Herz und Kreislauf“, 27.5.2019 (abgerufen am 10.4.2024)
- Frontiers: „Energy Drink Consumption in Europe: A Review of the Risks, Adverse Health Effects, and Policy Options to Respond”, 14.10.2014 (abgerufen am 10.4.2024)
- Robert Koch-Institut: „Körpermaße bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland“, 2007 (abgerufen am 10.4.2024)
- European Food Safety Authority: “Energy“ drinks report“, 6.3.2024 (abgerufen am 10.4.2024)
- Statista: „Pro-Kopf-Absatz von Energy Drinks und Sportgetränken in Deutschland in den Jahren 2018 bis 2024 mit einer Prognose bis 2028“, Januar 2024 (abgerufen am 10.4.2024)
- Verbraucherzentrale: „Energy Drinks: Gesundheitsrisiko für Vieltrinker“, 31.12.2024 (abgerufen am 10.4.2024)
- Bundestag: „Letzte Sitzung des Bürgerrats Ernährung: die neun Empfehlungen stehen fest“, 20.2.2024 (abgerufen am 10.4.2024)
- Antwort von Lidl auf unsere Anfrage für einen Termin für Unterschriftenübergabe und Gespräch (21. und 24.5.2024)