Entzieht Kaffee dem Körper Wasser?
Antwort der Ernährungsberaterin Alice Luttropp:
Zu einem guten Kaffee oder Espresso gehört für viele Menschen ein Glas Wasser. Die weit verbreitete Behauptung: Kaffee entziehe dem Körper Flüssigkeit. Er steigere unseren Harndrang so sehr, dass etwa ein Glas Wasser pro Tasse notwendig sei, um den Flüssigkeitshaushalt des Körpers auszugleichen. Aber stimmt das überhaupt?
Kurzfristig ja, langfristig nein
Tatsächlich fördert Kaffee die Wasserausscheidung des Körpers. Doch die „treibende“ Wirkung macht sich erst bei mehr als sechs Tassen Kaffee am Tag bemerkbar – wenn überhaupt. Denn wir scheiden nach Angaben des Berufsverbands der Internisten (BDI) nach Kaffeegenuss 84 Prozent der aufgenommenen Flüssigkeit innerhalb von 24 Stunden wieder aus. Bei Wasser sind es 81 Prozent.
Viele werden jetzt innerlich widersprechen, denn die meisten von uns kennen den scheinbar verstärkten Harndrang nach dem Genuss von Kaffee. Tatsächlich ist es richtig: Kaffee erhöht die Filterfunktion der Nieren und es wird auch kurzzeitig mehr Urin gebildet, aber diese Wirkung des Kaffees ist nur von sehr kurzer Dauer und quantitativ für den Gesamtwasserhaushalt nicht bedeutsam.
„Kaffee dehydriert den Körper nicht. Ich wäre sonst schon Staub.“
Bei Menschen, die über Jahre hinweg regelmäßig Kaffee trinken, dürfte sich nicht einmal dieser marginale Effekt bemerkbar machen. Bei einer experimentellen Studie im Jahr 2014 mit jungen gesunden Probanden wurden überhaupt keine Unterschiede zwischen Wasser und Kaffee in Bezug auf den Flüssigkeitshaushalt festgestellt. Erst ab einem Kaffeekonsum von mehr als sechs Tassen am Tag konnte in einer anderen Untersuchung, im Vergleich zum Konsum von weniger als einer Tasse am Tag, eine geringfügig höhere Nierenaktivität beobachtet werden. In einem Beobachtungszeitraum von 15 Jahren gab es keine größeren Änderungen der Nierenfiltrationsrate der Probanden, was als postitv gewertet wurde. Anders gesagt: Dass Kaffee den Körper „austrocknet“, ist ein Mythos. Franz Kafka hatte also Recht, er soll einst gesagt haben: „Kaffee dehydriert den Körper nicht. Ich wäre sonst schon Staub.“
Wieviel Kaffee ist gesund?
Doch wieviel Kaffee beziehungsweise Koffein sollten wir maximal zu uns nehmen? Für einen gesunden Erwachsenen hält die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 200 Milligramm Koffein als Einzeldosis (etwa zwei Tassen Kaffee) und 400 Milligramm über den Tag verteilt (etwa vier Tassen Kaffee) für unbedenklich. Dabei gilt zu beachten, dass diese Angaben keine Höchstgrenzen darstellen. Ein höherer Kaffeekonsum ist also nicht zwangsläufig ungesund. Allerdings gibt es Personen, die bei Überschreiten dieser Mengen mit Schlafstörungen oder Bluthochdruck reagieren.
Aufgepasst bei Energydrinks!
Anders verhält es sich bei Kindern und Jugendlichen. Hier hat die EFSA bislang keine sichere Menge für Koffein bestimmen können. Das ist vor allem in Bezug auf die stark koffeinhaltigen Energydrinks problematisch, die überwiegend von Kindern und Jugendlichen, oft auch in Zusammenhang mit ausgiebiger sportlicher Betätigung oder Alkohol konsumiert werden. Hier beschreiben zahlreiche Wissenschaftler Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Nierenversagen bis hin zu Todesfällen.
Hinweise auf positive Wirkungen von Kaffee
Kaffee in moderaten Mengen wird hingegen zahlreiche positive Wirkungen nachgesagt: Das Getränk kann sowohl die Konzentrationsfähigkeit als auch die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit steigern, die Verdauung anregen und vor Depressionen schützen. Zudem gibt es Hinweise auf positive Effekte bei verschiedenen Krankheiten. Mehrere epidemiologische Studien weisen z.B. darauf hin, dass Kaffee vor Parkinson schützen könnte. Und auch im Zusammenhang mit Asthma gibt es inzwischen einige wissenschaftliche Untersuchungen die einen positiven Einfluss von Kaffee sowohl in der Prävention (Pagano, R. Et al. Chest, 94,386-389,1988) als auch in der Therapie bestätigen.
Und das Glas Wasser zum Kaffee oder Espresso? Das kann sicher nicht schaden. Kaffeegourmets schwören sogar drauf: Denn Wasser neutralisiert die Geschmacksnerven und befreit sie von dem starken Aroma, um sie für den nächsten Schluck Kaffee wieder voll aufnahmefähig zu machen.
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